Sonntag, 14. Dezember 2008

SMD wie Spenden-Mittel von Dummköpfen? Relativierung inklusive.

Wichtige Ergänzung und Richtigstellung: Nach erneutem Durchlesen dieses alten Textes stelle ich fest, dass vor allem der (juristische) Begriff des Hochstapelns überzogen scheint. Das "organistierte Betteln" mag hingegen tragischer wirken, als es ist (zudem ich Betteln an sich stets verteidige). Mein Überdenken verdanke ich einem Anruf durch den Bereichsleiter des Rettungsdienstes des SMD, dessen Herzblut für sein Unternehmen hörbar war und den das Herz womöglich auch blutete, nachdem er bei einer Umstellung der Webseite auf meinen, diesen Blog stieß. Manche Kritik fände er, offenbar die Vergangenheit betreffend, nicht unberechtigt, einiges jedoch ungerecht; ich kann es mir denken und ich möchte verstehen. Deshalb lud er mich ein, in nächster Zeit persönlich bei ihnen vorbei zu schauen, um mir ein eigenes Bild von ihren sozialmedizinischen Dienstleistungen und ihrem Betrieb im Allgemeinen zu machen. Man habe seit 2008 auch einige - auch personelle - Veränderungen vorgenommen. Da es gegen unser aller Interesse wäre, wenn mein durch die wilden weiten des Webs sträunender Wut-Artikel ungerechtfertigte (vage) Anschuldigungen und Eindrücke über einen sozialen Dienst verbreiten würde, nehme ich diesen Angebot gerne an. Ansonsten wäre ich wahrlich der oben erwähnte Dummkopf.

Ergänzend: Der Artikel beschreibt natürlich nur die Vorgehensweise oder den Fehler eines einzelnen Mitarbeiters
des SMD - im Kontext der Anfeindungen gegenüber "echten" Bettler_innen -  und nicht das gesamte Unternehmen.


Ich weiß, dass es naiv erscheinen mag, wenn man freundlichen SMD-Rettungsdienst-Mitarbeitern irgendwelcher Dienste in der Adventzeit die Türe öffnet und obendrein auch noch glauben schenkt, wenn sie einem garantieren, dass zwar auf dem Formular „Dauerauftrag“ erwähnt wird, dieser aber nicht zur Geltung käme, wenn ich das nicht wolle. Ich wollte nicht!

Bei aller Naivität meinerseits darf man, auch in barbarischen Zeiten wie diesen, nicht vergessen, dass ein Opfer niemals selbst schuld ist, auch wenn Unwissendheit die Schwäche war, die der Täter ausnütze. Die Rollenverteilung rechtfertigt jedenfalls das ich mich beklage, nachdem mir auch in diesem Jahr – ohne mein Wissen und ohne meine bewusste Einwilligung – Geld von meinem Konto, als „Spende SMD-Rettungsdienst“ abgebucht wurde.

Natürlich ist hierbei alles (leider) rechtens geschehen und der Rettungsdienst ließ sich nichts zu schulden kommen. Das jedoch jener Mitarbeiter, dessen Name so seltsam klingt, so dass ich – nach allem was mir an Zorn durchs hohle Hirn donnert – nicht einmal sichergehen kann, ob es sein richtiger ist, meine Leichtgläubigkeit ausnützte, empfinde ich nicht als sonderlich sozial von diesem medizinischen Dienstnehmer und Geber. Bei pickeligen Fundraising-Studenten auf der Mariahilferstraße wäre ich in Deckung gegangen, aber angesichts eines erwachsenen, uniformierten Rettungsdienstlers bin ich wohl leider anfällig für die weihnachtliche Spendenstimmung.

Jedenfalls können wir daraus lernen, nicht nur auf der Straße, sondern ebenso in der eigenen Wohnung niemals Menschen mit Verträgen oder Papieren, die danach aussehen, Vertrauen (und in solchem Falle Eintritt) zu gewähren – Freundlichkeit kann dieser Tage gefährlich sein; und wenn man der eigenen Freundlichkeit nicht widerstehen konnte, so sollte man den Worten des Papiers wörtlich glauben, jenen des dazugehörigen Spendenwerbers jedoch am besten erst gar keine Beachtung schenken.

Gefährlich sind eben nicht, wie die ewig-gestrige Mär geht, die krimminalisierten Ausländer oder die angeblich lästigen Bettler, gegen letztere die Wiener Linien gerne die eigenen Kunden aufwiegeln möchte. Als müsste ich nicht genug für das Ticket bezahlen, muss ich mir in den Öffis auch noch unhumane, bevormundende und heuchlerische Lautsprecherdurchsagen gefallen lassen – was ich beinahe als Volkverhetzung bezeichnen würde – aber ich bin ja auch naiv.

Wirklich lästig und – wie man sieht – sogar teilweise hochstaplerisch, gehen gerade jene Organisationen bzw. deren Mitarbeiter vor, die uns die Wiener Linien als „anerkannt“ ans advent-romantisierte Herz legen möchten. Aber gerade die Tätigkeiten der Mitglieder dieser Organisationen (allen voran jene des einen SMD-Rettungsdienstlers) kann man, nicht nur beinahe, sondern unbedingt, als „organisiertes Betteln“ bezeichnen.

Ich jedenfalls habe, nach einer vor Wut und Enttäuschung schlaflosen Nacht inklusive zornig sod-brennendem Magen, sowie einer ungewollten Einbuße auf meinem ohnedies mageren Schauer & Schreiber-Konto, bereits meine heurige Adventschädigung abbekommen – genug von Spendenjägern, den wahren Organisations-Bettlern, genug von all dem Weihnachts-Tränendrüsen-Geschäft. Für solches kann ich mir keine Spendenbereitschaft mehr leisten, sonst bin ich selbst bald von Spenden abhängig. Wer weiß, vielleicht würde ich ihnen beim nächsten Mal, ohne mein Wissen, all meine Organe verschreiben.

Gerade all jene, die von Mitleid und Nächstenliebe abhängig sind, sollten diese Gefühle nicht durch deren hochstaplerische Ausnützung überstrapazieren. Insofern sind mittellose Ausländer, Punks und Obdachlose zwar weniger organisiert, dafür aber die besseren – weil ehrlicheren – Bettler. So gebe ich in Zukunft mein Geld nur noch an diese echten "Leute von der Straße", da muss ich nichts unterschreiben und weiß wenigstens ungefähr wofür es verwendet wird: Für einen ehrlichen und gerechten Rausch beispielsweise und nicht für Dienstleistende, die von meiner Naivität und meinen Bauchschmerzen leben.


Im Nachhinein fand und empfehle ich diesen Link: oe1.ORF.at - Betteln vervoten