Dienstag, 25. April 2017

ORF: Öffentliches Medium oder Parteienapparat

Der aktuelle Streit innerhalb des ORFs, sichtbar zwischen Thomas Prantner und ZIB-Redakteursrat, ist nur die Spitze des Eisberges. Hier tobt der alte Kampf zwischen den beiden gegensätzlichen Seelen des staatlichen Rundfunks: Zwischen öffentlich-rechtlichem Auftrag und parteipolitischer Hörigkeit.

Quelle: Wikicommons/SPÖ Presse und Kommunikation


Die aktuelle Arbeitsqualität der ZIB ist journalistisches Mindestmaß. Armin Wolf ergänzt dieses Maß durch kritische Fragen bzw. indem er sich nicht durch die üblichen (oft üblen) Schmähs von Berufspolitiker*innen, die er interviewt, aus dem Konzept bringen lässt. Gelingt zwar nicht immer, aber oft genug. 
Es ist zwar keine Schande, dass er dafür gefeiert wird. Dass er jedoch immer wieder für etwas gefeiert werden muss, dass eigentlich als journalistischer Standard gelten sollte, ist ein Armutszeugnis für Österreich. Die Anzahl unserer investigativen Medien lässt sich an einer Hand abzählen.
Die allgemeinen Ansprüche orientieren sich an den Reklameheftchen Krone, Heute, Österreich; mittlerweile auch an Internet-Blasenmachern, z.B. jenen des FPÖ-Netzwerks. Hier begnügt man sich damit, dass die spärlichen Fakten manchmal auch stimmen. Und sollten sie nicht stimmen, bekommt es das Publikum, das sich auf diese Medien beschränkt, ohnehin nicht mit.

Parteien wollen Nachrichtensprecher statt Nachrichtenmacher

In diesen relativen Überschuss an Diskont-Medien jenseits aller journalistischen Prinzipien, investieren politische Parteien und einzelne Berufspolitiker*innen natürlich besonders gerne. Nach dem Abgang des „Krone-Kanzlers“ Faymann, versprach der neue SPÖ-Chef Christian Kern zwar, dass er es anders machen wolle. Das geplanteneue Mediengesetz, das nun auch Presseförderung für Reklameheftchen vorsieht, wirkt allerdings wie die bisherige Inseraten-Politik durch die Hintertür (könnte ausgerechnet am ÖVP-Finanzministers scheitern, dem vermutlich schon 8,5 Millionen Euro zu viel an jährlicher Gesamt-Förderung sind).

Der ORF hingegen befindet sich seit jeher – auch nach der 2001 erfolgten „Entparteipolitisierung“ des Stiftungsrates – fest in den Händen der stärksten bzw. Regierungs-Parteien. Seine Nachrichten-Redaktionen hingegen gewannen, im Vergleich zu früheren Jahrzehnten, offenbar ihre journalistische Unabhängigkeit. Manche internen Parteifreunderl-Kreise scheint das zu stören. Retro ist in. Man hätte gerne wieder so brave Nachrichtensprecher*innen wie in den Fünfzigern – das heißt, Mitarbeiter*innen, die Nachrichten nur aussprechen, aber nicht ergänzen.

Prölls Gefolge greift an


Was der niederösterreichische Ex-Landeshauptmann Pröll von kritischem Journalismus hält, ist mittlerweile auch klar. Dessen Gefolge, Innenminister Sobotkainklusive (!), bezeichneten bereits den Falter als „Fake News“, nachdem dieser über Steuermillionen für die Erwin-Pröll-Privatstiftung berichtete. Die sinngemäß selben Vorwürfe musste sich später Armin Wolf vom Landesfürsten persönlich anhören, als er diesen dazu befragte.

Und nun schickte man den FPÖ-nahen Technik-Vize-Chef Thomas Prantner in die Öffentlichkeit, um den Interview-Stil im ZIB-Studio mit einem „Verhörraum“ oder einer „Anklagebank“ zu vergleichen. Dem Vernehmen nach war die Sache mit Generaldirektor Wrabetz abgesprochen (siehe auch hier). Der, angeblich ebenfalls von Wrabetz als „Aufräumer“ eingesetzte, SPÖ-Freund Roland Brunhofer denkt bei ZIB-Interviews eher an „Hinrichtungen“. Ein bisheriger Gipfel der strategischen Wehleidigkeit.

Seltsame Einigkeit der großen Drei


Eines scheint sich hier abzuzeichnen: Die politischen Parteien Österreichs, allen voran die der Regierungskoalition, können sich nicht immer einig sein. Das ist nur natürlich. Wenn es aber darum geht, die Unabhängigkeit der Berichterstattung im ORF anzukratzen und die Kontrolle der Berufspolitik zu bewahren oder auszubauen, arbeiten die großen „Austria 3“ der Parteienlandschaft, SPÖ, ÖVP und FPÖ, erschreckend effizient zusammen.

Angesichts der hiesigen politischen Mentalität, ist das leider ebenso natürlich. Weshalb die wählende Bevölkerung ihre Mentalität ändern müsste; Wachsamkeit erhöhen, Druck aufbauen und höhere Ansprüche an seine Vertreter*innen stellen - wenn der ORF ein öffentliches Medium bleiben und kein Parteien-Propagandaapparat werden soll.


















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