Montag, 18. Januar 2016

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Der Nebel hat sich gelichtet im Kreis. Da sitzen die Verstreuten in herdwarmer Runde und geloben in alter Sprache, die Banden neu zu fügen. Ein Wispern der Vergangenheit, die uns alle findet, uns alle verbindet, haucht über unsere Lippen; laut lachende Lippen, lachendes Bier. Whiskeyduft im Nosingglas. Die schöne Jugend wächst noch bunter und altert so schnell. Die Freundinnen sind einfach hier und darin. Lachfalten wie die tiefe Wintersonne. Ein Funken, ein Überspringen irrsinniger Weisheit, allmählich, furchig und gewunden wachsend wie mächtige Äste am Baum des Lebens. Frostklarer frischer Wind begrüßt die Heimkehrenden, Schneeflöckchen, die aus dem schwarzblaugrauen Nichts kommen und über dem Grund und Boden  unseres nächtlichen Schreitens wieder im Nichts verschwinden, im festen, schweregekräftigten Alltags-Alls – sichtbar. Unsichtbar beginnt und endet alles in allem. Darum ließ ich mich fallen, aus dem scheinbaren Nichts und dorthin zurück. Ich fiel und fand. Löste mich auf, ging in allem auf am Grunde, in der Wärme des Herdfeuers, der Tafelrunde. Fand dort meine alten Reden und Lieder wieder, entdeckte neues Gut. Erneut schließt sich der Kreis, ein neuer Ring. Ende! Beginn! Gezählt – ich vergesse es manchmal, ich vergesse so vieles. Das Wesentliche bleibt oder kehrt irgendwann wieder. Das Wesentliche findet meinen Traum. Plötzlich: Die hohe Dame vom See tritt heraus und über das Wasser. Es kräuselt sich und spiegelt daraufhin nicht mehr mein Suchen wieder. Es offenbart, was darunter liegt: Dunkelheit die mich lockt. Wenn die Verlockung größer ist als jede Lust, was bleibt dann als Wiederstand? Keine Angst! Gehe nicht unter. Nicht zu viele und nicht zu wenige Jahresringe im Wuchs. Immer noch ein junges Gewächs, erstaunlich, erstaunt drüber. Wieder staunend. Über all die Schönheit legt sich der Glanz der Freundschaft. Ihn kann die Skepsis nicht kratzen. Skepsis liegt in der Luft überall. Ich atme sie. Ich atme leichter und freier. Ich habe gesehen im Lichte des Zweifels, im Herdfeuergelüster der Vofahrinnen und Ahnen. Die hohe Dame vom See ließ mir das Zauberschwert zurück wie zum Trost. Es ist eine Waffe gegen Bauklotzeinformarchitektur und Weltuntergang. Zauber nistet im Profanen. Macht den Zyniker zum Minnesänger, den Skeptiker zum Gläubigen. Der Vater der Mutter starb, der Großvater auf unbekannten Wegen. Glas erhoben – also auf dich und auf mich! Noch ein Abschied. Ich schreite offen ins neue Leben. Ein Kommen und Gehen. Ich nehme alle mit. Es ist eine lange Lehre.
Ab heute kann ich Bundespräsident werden, aber das Amt wird nicht zu mir. Neue Wohnung, neue Wohnung. Die Schläfrigkeit macht Vergangenheit munter. Hallo und Aufwiedersehen! Scheue Zukunft komm und küss mich!

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