Dienstag, 22. September 2015

Orbans Geiseln: Von "Dublin" in den Lagerzug

Nachdem dieser Blogeintrag vom 3.September.2015 unlängst auf mysteriöse Weise verschwand, folgt er hier noch einmal:

Ausgerchnet das Orban-Regime beruft sich auf EU-Regeln, das unverantwortliche Dublin-Abkommen, um Flüchtlinge wie Kriminelle zu behandeln. Nun rollt erneut ein Lagerzug in Europa: Flüchtlinge als Spielfiguren und Geiseln der Politik.  

Wer klopfet an?

Vor ein paar Jahren sagte Reinhold Messner in einem Interview, er habe, beim Klettern in der Wüste, afrikanische Migranten durch selbige laufen sehen. Da kündigte er an: Diese Menschen würden kommen, egal wie, egal über welche Hindernisse. Nun erscheint der Yeti gar nicht mehr so unwahrscheinlich.

Flüchtlinge aus Kriegsgebieten und Tyranneien, deren Heimat zwischen globaler Unverantwortlichkeit und Machtinteressen zermalmt wurde, fliehen – egal wie. Sie joggen durch die verdammte Sahara! Drängen sich mitsamt ihren Kleinkindern – ganz ohne Schwimmflügerl, Bademeister und Sonnencreme – auf altersswache Fischerboote! Sie lassen sich in LKW-Containern einschweißen, weil sie mehr Angst vor Grenzbeamten haben als vor einem lichtlosen Erstickungstod! Mittlerweile gibt es eine Route über das Festland nach Norwegen – über den nördlichsten Norden!

Im Osten nichts Neues

Zwischen Griechenland, Mazedonien und Serbien ist man unsicher, was man tun soll: Polizisten halten die Flüchtlingsmassen gewaltsam zurück, dann doch nicht, dann teilweise, weil man entweder nichts machen kann oder doch nicht auf Familien schießen will –  zumindest nicht scharf und solange Kameras dabei sind.
Das Chaos entsteht zwar DURCH die Anzahl an Fliehenden, aber WEGEN der mangelnden Koordinierung in und zwischen diesen Staaten. Und die EU schaut auch blöd zu.

Ungern

Ungarn sollte „Ungern“ heißen. Nicht einmal traumatisierte Kriegsentflohene wollen dort bleiben. Dennoch baut die Semidikatur einen peinlichen Zaun, der höchstens irgendwelchen Baufirmen-Freunderln von Viktor „Verfassungsfeind“ Orban etwas bringt.
Die ungarischen Steuerzahler_innen sollten einmal nach Melilla oder Ceuta schauen, wo dreimal so hohe, dopellt- bis dreifache Zaun-ANLAGEN stehen, die auf Dauer auch nix bringen. Orban wusste das natürlich.

Deshalb denkt sein Regierungsverein daran, das Beschädigen des schön-teuren Grenzzauns zu Serbien mit 5 Jahren Knast zu bedrohen. Und in der osteuropäischen Provinz namens Österreich glauben die Fans von HC „Rache“ Strache, dass Ungern – das auch bereit ist, österreichische Pacht-Bauern zu enteignen – die EU verteidige.

Berlin's calling

Jetzt lädt die deutsche Regierung Flüchtlinge zu sich ein (vermutlich aus Rache, weil ihre Mutti in Heidenau vom Verein für Vollpfosten ausgebuht wurde). Deutschland kann sich erneut als europäische Führungskraft darstellen und tut ausnahmsweise etwas Gutes dabei.

Nur Orban will seine Flüchtlinge plötzlich nicht mehr gehen lassen. Nachdem er sich zuvor extra mit seinem Zäunchen lächerlich gemacht hatte, um sie nicht rein zu lassen. Angeblich wegen EU-Regularien. Die er ansonsten gerne zu ignorieren sucht, wenn sie ihm nicht passen.

Was macht der Kanzler eigentlich beruflich?
 
Man könnte natürlich spekulieren, der schimpfende Werner Faymann (das ist unser österreichischer Bundeskanzler) wäre schuld. Unsinn! Orban hat soviel Sinn für Diplomatie wie Faymann für PR.

Vor allem am Wiener Westbahnhof demonstrierte die Zivilbevölkerung – ÖBB und Polizei inklusive – rebellische Solidarität mit den Flüchtlingen. Aber unser Bundeswerner beklagte zu allererst, dass Ungarn die Asylsuchenden überhaupt soweit kommen ließ. Vermutlich wegen dem Dublin-Abkommen, das von Anfang an eine bewusste Fehlkonstruktion verantwortungsloser EU-Bonzen war (wer Mitgliedstaat am südöstlichen Rand sein will, ist selber schuld). So ein Sozialdemokrat!

Neidgesellschaft

Vielleicht neiden es die „Schauer“ in der Ösi-Regierung auch den Deutschen, dass diese zuerst auf die PR-Idee mit der Menschlichkeit kamen. Selfies mit Flüchtlingen liegen im Trend.
Vielleicht sind sie auch auf die Zivilgesellschaft, auf NGOs, andere private Initiativen neidisch. Die erledigen zum Teil jene Aufgaben, an denen die Ministeranten Mikl-Leitner und Kurz scheitern.

Und Vielleicht ist auch Orban neidisch. Er steht in der EU wieder einmal da wie das allerletzte Arschloch. Deshalb überlegt er vermutlich, wie er die Flüchtlinge, die sich vor dem Ostbahnhof in Budapest anstauen, politisch für sich benützen könnte. Also erstmal dabehalten!

Die Lagerzüge fahren wieder

Dann doch kurz Bahnhof öffnen, rein in den Sonderzug, der das angestrebte, das tatsächliche Asylziel Deutschland nie erreichen soll. Wieder einmal fährt ein „Sonderzug“ gegen den Willen seiner nicht informierten Insassen in ein Lager.
Sollte man allein wegen seiner Symbolwirkung in Europa für unmöglich halten. Flüchtlinge wie Kriminelle; Flüchtlinge als Geiseln der Berufspolitik (nennen wir diese kurz Polishit): EU-Abkommen werden dafür als Vorwand missbraucht.

Masters Of The Refugees

Schon BMEIA Sebastian Kurz sprach davon, dass man Asylgestze verschärfen wolle, wenn die EU nicht auf Forderung zur gemeinsamen Lösung der „Flüchtlingsproblematik“ eingehe. Sprich: Wenn nicht alle helfen, helfen wir auch nicht mehr. Egal wer verreckt.

Aber da steckt durchaus Hirn zwischen den Segelohren. Es ist eine offene Drohung, die Lage eskalieren zu lassen, mit Folgen für ganz Europa, wenn nicht österreichische Erwartungen erfüllt würden. Die Erwartungen einer Berufspolitik, die ansonten keinen Plan hat.

Vordergründig geht es um Asylpolitik. Aber wer weiß, was man sonst noch holen kann, wenn man Flüchtlingsströme kontrolliert. So scheint auch Viktor Orban zu denken.

Flüchtlinge werden politisch instrumentalisiert. Auch für die Ablenkung von anderen Problemen. Und auch deshalb pfuscht die Polishit herum. Sie will die Hilfe- und Aslysuchenden in der Spielhand ballen.



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