Sonntag, 22. März 2015

Medien spalten Europa

Den deutschsprachigen Nachrichtenmedien kann man nicht mehr in allem trauen. Das ist bei der lokalen Empörungserstattung des Boulevards schon länger bekannt. Doch auch auf intereuropäischer Bühne verspielten auch andere Meinungsmach-schinen mein Vertrauen, zuletzt mit dem Ukraine-Konflikt und der griechischen Krise; zu allerletzt im Fall der Frontex-Eigenwerbung über Flüchtlingsschiff Blue Sky M.


Zeitalter des Sparjournalismus

Unter der Dikatur des Sparfundamentalismus, bei gleichzeitiger Anarchie des Internets, müssen auch Zeitungen und Nachrichtensender an allem sparen, was letztlich ihre Qualität ausmacht.


Zu ihrem Glück verfügt die Menschheitmehrheit nur über verkümmerte Geschmacksnerven des Geistigen. Nicht einmal die Instinkte des berühmt-berüchtigten Hausverstandes schlagen Alarm, wenn Medien löchrige Geschichten dilettantisch mit Floskeln stopfen, um irgendein Konglomerat aus subtiler Propaganda und Agenturmeldungsübersicht zu verdichten.


Ein guter Teil der Journalist_innen schreibt von einander ab. Ein guter Teil der noch abenteuerlicheren Auslandsreporter wird von irgendwelchen Arschlöchern gehindert, entführt und/oder ermordet. Gleichzeitig muss alles kosteneffizienzter funktionieren, schnell und sensationell.


Manipulative Medienmaschine


Es gibt Ausnahmen, aber in schwacher Auflage. Der Billigjournalismus mit seiner Massenreichweite ist hingegen nicht nur handwerklich schlecht, sondern auch korrupt – im ursprünglichen Sinn von „seine Macht missbrauchend“ (also nicht erregen ihr Jurist_innen).
Methode und Anwendung offenbaren sich im Zusammenhang parallel veröffentlichter Themenbefassungen in unterschiedlichen Medien und in der Kontinuität einer gewissen “Rhetorik”.


Diskriminierende Polarisierung

Die als politisch unabhängig ausgehängte Gratiszeitung „Heute“ beispielsweise wiederholt in ihren Räubergeschichten stets die selbe diskriminierende Polarisierung: Der Taschendieb mit Migrationshintergrund ist stets Ausländer, egal ob er österreichischer Staatsbürger ist; sein Vergehen stets ein Schwerverbrechen. 
Die Staatsbürgerschaft des erzösterreichischen Familienvaters – einen Artikel weiter – der seine Familie bedroht, misshandelt oder auch mit der Axt ermordet, ist kein Thema; sondern ausschließlich, dass sich – kein Verbrechen sondern – eine Familientragödie ereignete.

Nach ein paar Wochen in der U-Bahn mit diesen Geschmack und Intellekt beleidigenden Junk-News bildet man sich ein: Migrantische sind üblicherweise Verbrecher_innen; Österreicher_innen sind üblicherweise Opfer. Bei anderen Themen fungieren diese Medien ähnlich.

Der einzige griechische Mittelfinger, der zählt, heißt Sithonia


Weniger, aber immer noch eindeutig ist die manipulative Absicht teilweise auch hochwertigerer Medienmacher_innen im Umgang mit der neuen griechischen Regierung. Die Fakten werden von den abstrusesten Interpretation deformiert.


Ich könnte über dieses Thema ein ganzes Buch schreiben. Aber in Kürze:

Die harte europäische Sparpolitik ist ein Fehler. Namhafte Ökonomen dürfen das sagen. Einer ihrer Mitverursacher, Jean-Claude Juncker, darf das angeblich sagen.
Nur der neue griechische Finanzminister, Yanis Varoufakis, den die Austeri-Tat nicht weniger betrifft, darf das nicht sagen. Sonst gelte er als frech – vor allem in den Augen jener vermutlich midlife-kriselnden Männer, die zwar genauso alt, aber bei Weitem nicht so cool sind wie er.


Janusgesichtige Medien

Ehemalige und gegenwärtige Finanzminister_innen bekommen vom Zorn der Kolumnist_innen hingegen kaum zu spüren, obwohl diese für die Eurokrise unmittelbar (mit-)verantwortlich sind.


Der österreichische Kollege, Hans Jörg Schelling, kann sogar kaum widersprochen die selben Maßnahmen in Griechenland bemängeln, die er in Österreich gerade umsetzen will.

Währenddessen hat der griechische Finanzminister diese Maßnahmen noch nicht einmal bei seinen Verhandlungspartner_innen durchgesetzt, hätte er mit ihnen bereits versagt.

Wenn die Troika heute noch kritisiert wird, dann nur noch über trockene Daten im Wirtschaftsteil und Captain Hindsight. Und auch wenn man's manchmal glauben will: Von der Umbenennung in “Die Institutionen” ließen sich die Medien nicht ablenken. Nicht einmal Eric Frey, der Quoten-Neoliberale beim Standard.


Die Banalität des Blöden

Der und seinesgleichen geben mittlerweile indirekt oder direkt zu, dass es ihnen, bezüglich Griechenland-Eurogruppen-Verhandlung, nicht um divergierende Ideen, sondern um nationalistische und/oder persönliche Gefühle geht.


Varoufakis ist – z.B. im Gegensatz zum am längsten dienenden deutschen Abgeordneten – kein gelernter Berufspolitker. Ihm fehlen die pawlowschen Reflexe dieser Zunft. Allein das provoziert.
Dazu kommt, dass er, wie die Syriza überhaupt, sich ungern zum Arschkuss auf die Knie begiebt.

Die Deutschen gefallen sich mittlerweile in ihrer wirtschaftlichen und daher politischen Vormachtstellung als Exportwunder – wenn auch nachweislich den Euroraum schädigend und EU-Abkommen verletztend – so sehr, dass dieser Wehrhaftigkeit des griechischen wiederum den deutschen Nationalstolz beleidigt.


Image statt Investigation


Der griechische Ökonom gibt seine Würde nicht auf, also versucht man sie medial zu schänden. Mit jedem zusammenhangslosen Dreck, den man finden kann. Dabei fungiert er noch als Sch(m)utzschild für Alexis Tsipras.  


Badboy-Image ist einer gewissen Journailie wichtiger, als hinter die Fassaden zu schauen. Damit funktioniert die Bildzeitung, die inzwischen ziemlich unverholen eine Lügenkampagne - natürlich nur mit bestem Gewissen "versehentlich" - gegen Griechenland, vor allem aber gegen Badboy Varoufakis startete. 

Warum aber anspruchsvollere Informationsmetzger_innen ebenso begonnen haben, subtilere Manipulation, leichtfertigere Fehlinterpretation und wenigstens doch noch, aber eine schlechtere Recherche zu betreiben? Sind sie dermaßen pleite? Es kann mehrere Gründe haben.

Spaltung nichts wert

Es kann diese Gründe aber nicht wert sein, dafür die europäische Gemeinschaft zu spalten, den internen Konflikt künstlich zu befeuern und sich selbst zu verraten. Dabei stellen gewisse Medien den Fußball in einem -außer Kontrolle geratenen, nicht mehr wirklich sportlich fairen Länderspiel dar: Sie sind immer dabei, ohne sie geht es gar nicht und egal wie's ausgeht, sind am Sieg beteiligt. Achtsam bleiben!

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