Dienstag, 15. Juli 2014

800 gegen Binnen-I: Nur ein Schmäh

Als bekennendes Feindbild muss ich ausholen

800 Personen unterschrieben also ein Aufbegehren gegen das tyrannische "Binnen-I" (TyrannInnen), das in Österreich in offiziellen Schreiben verpflichtend ist, wenn von Männlichem und Weiblichem gesprochen wird. Kann ich zu einem geringfügigen Teil verstehen: Auch ich bevorzuge den Binnen-Unterstrich (Tyrann_innen).

Leider meinten jene Persönlichkeiten aus Wissenschaft bzw. Österreichischem Uni-Professorentum (eine Spezies für sich), Literatur und Journalistik etwas ganz anderes: "Ein minimaler Prozentsatz kämpferischer Sprachfeministinnen darf nicht länger der nahezu 90-prozentigen Mehrheit der Staatsbürger ihren Willen aufzwingen." Hört sich nicht sehr intellektuell an, eher nach billigem Populismus.
Erster Fehler: Es müsste Sprachfeminist_innen schreiben. Da die Verfasser_innen nicht zu wissen scheinen, dass es auch (Sprach-)Feministen gibt, unterschätzen sie die Zahl von uns blöden "Frauenversteher" vermutlich völlig.

Ich muss gestehen, ich kenne die Unterzeichner_innen nicht alle und alle die ich kenne... Naja... Ich will ja keinen Streit. Ich suche zu vermitteln und nach einem Bisserl Vernunft in den ganzen Bahö.

800 Elitäre feiern 100 Jahre "Petition der 93"

Diesen will ich keine Konflikt-Geilheit vorwerfen. Aber dass die Ratio nicht unbedingt wie in einer Regentonne der Gescheitheit zusammen rinnt, nur weil es viele gescheite Köpfe stürmt, hat sich schon vor fast genau 100 Jahren (ab September) gezeigt. Damals unterzeichnete die geistige Elite der Deutschsprachigkeit mit dem "Aufruf an die Kulturwelt", dass der Militarismus ein legitimer Teil der Deutschen Kultur wäre. Eh nicht mehr. Nur drei Personen unterschrieben einen "Aufruf an die Europäer", der sich dagegen richtete (unter ihnen Albert Einstein).

Interessantes Timing! Auch, weil erst vor Kurzem ein mir nicht näher bekannter Schlagersänger meine Tochter in der Bundeshymne vergaß. Daraufhin machte die Bildungsministerin (eine ausgebildete Lehrerin) - wie es ihre Aufgabe ist - jenen Barden der Bildungsfernen auf seinen Fehler aufmerksam und wurde daraufhin mit einem so genannten "Shit-Storm" bedacht - also mit Empörungsäußerungen von Personen die nur Scheiße im Kopf haben.

Wer wird denn Böses denken?

Ich nehme doch nicht an, dass Uni-Professoren diesen günstigen Zeitpunkt wählten, um eine neo-konservative, politische Agenda gegen frauenrechtliche Fortschritte zu starten. Vor allem: Nur im offiziellen Schriftverkehr ist das Binnen-I geboten. Warum sollte es die Massen kümmern (weil ihnen fad im Schädel  ist)?

Als sachliche Kritik an den Richtlinien für Textgestaltung lässt sich das ganze auch nicht bezeichnen. Die Feindbild-Bildung gegen Feminist_innen will ich nicht ernst nehmen. Und sicherlich wissen all die gescheiten Unterzeichner_innen, dass der Vorschlag, man könne doch Weibliches und Männliches ausschreiben, darin enden würde, dass wieder nur die (alten) Herren der neokonservativen Sprachschöpfung in selbiger Erwähnung fänden. 

Alles nur ein Schmäh

Daher bin ich mir sicher: Das ganze ist nur ein raffinierter, feingeistiger, intelligenter, doppelbödiger Schmäh, ein Witz, um an den elitären Unsinn von 1914 zu erinnern. Damals kämpften die Geistes- und Kultur-Eliten gegen den Pazifismus. Heute drohen uns keine imperialen Konkurrenten, nur der böse Feminismus.

Nachdem ich zuende gelacht habe, muss ich weiter in der Küche machen. Brate gerade Palatschinken für meine Tochter, während meine Freundin zu arbeiten hat. Ich bin nämlich ein Feindbild. Und ich beisse. Also Vorsicht!

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