Montag, 20. Januar 2014

Freizügigkeit, Fahrende und problematische Probleme

Praxistest

So steht es in diesem Artikel des Standards in etwa geschrieben: Die EU wird geprüft, nicht von Staatschefitäten oder Komissionen, sondern vom fahrenden Volk, und zwar auf ihre „Freizügigkeit“. Das regt wieder die „Zigeuner“-Debatte an.

In der geht es nicht nur um jenes Wort, Diskriminierung, Armut, Ghettoisierung und wie dies alles mit den schönen, humanistischen, (ausgerechnet) freiheitlichen Rechten aller EU-Bürger_innen zu vereinbaren wäre. Es geht um Denkfehler in einem Gewirr unterschiedlicher, auf einander noch nicht abgestimmter Vorurteile (in Alltag, Politik, Staat und bürgerlicher Moral).

Manche EU-Bürger_innen, die das Recht auf Freizügigkeit genießen, interessieren sich nicht für's Meldeamt. Manche sind von Armut betroffen, können dem Sozialamt aber keine Bankdaten nennen.
Manche schicken ihre Kinder nicht regelmäßig in die Schule. Es gibt Analphabeten. Was tun?

Problematischere Probleme und blöde Fragen

Staaten haben oder hätten Möglichkeiten, auf diese Probleme zu reagieren. Problematischere Probleme werden diese aber plötzlich, wenn von Roma und Sinti die Rede ist. Warum? Keine Ahnung. Natürlich macht es einen Unterschied, ob ein Taschendieb seine feste Wohnadresse hinterlässt oder nicht. Aber ob Roma anders nichts haben, als andere, die nichts haben?

Wenn eine Sintifamilie reich ist, hortet sie dann Gold in einer Holztruhe am Heck ihres Planwagens? Und würden die Fahrenden in Luxuswohnmobilen auf teuren Campingplätzen verweilen, anstatt in alten Wohnwägen auf öffentlichen Parkplätzen, würde Anrainer dann um ihre Töchter und Gartenmöbel fürchten?

Der Unterschied zwischen Mobiliät und "Herumzigeunern"

Zugleich sind wir beim nächsten Vorurteil. Diese beiden Volksgruppen sind womöglich die letzten, fahrenden Völker, welche die Modernisierungswellen zumindest so weit überdauerten, um als fahrende Völker zu gelten. Früher gab es auch andere. Die „Tinker“ (Pavee) auf Irland waren bis in die 1950er ein wichtiger Bestandteil der irischen Ökonomie. Fahrende Individuen oder Familien, die sich Staatbürgertümern zuordnen lassen, gibt es immer wieder.

Teilgeständnis:
Ich selbst habe in den letzten 8 Jahren 10 mal meinen Wohnsitz gewechselt und war beim Meldeamt nicht immer, sagen wir, pünktlich. Zahle ich Steuern? Ich lebe unter der Armutsgrenze. Bin ich ein Schmarotzer? Vor ungefähr 6 Jahren bezog ich Studienbeihilfe, hatte ich einen „Kredit“ bei der Bank, mir wurde auch schon Geld geschenkt. Tatbestand erfüllt? Nein, weil mir der „Zigeuner“-Stempel fehlt. Justitia ist ja nicht blind.

Aber eigentlich...

Bevor ich ausschweife, meine Botschaft ist einfach. Sie gilt für die Volksgruppen der Roma und Sinti genauso, wie für alle anderen Gruppierungen:
Rechtsstaatlichkeit (oft erwähnt, selten verstanden), Sozialstaatlichkeit, Bildungsgesellschaft! Macht sich eine Person strafbar, muss sie bestraft werden. Ist eine Person verarmt oder krank, muss ihr geholfen werden. Fehlt es ihr an Bildung, möge man sie bilden. Was hindert uns
Berührungsängste? Vorurteile? Die sind nicht zulässig. Das Fremde? So gut wie alle Menschen, die mir in der Großstadt tagtäglich begegnen, sind mir fremd. Das gehört zum Leben. Werdet erwachsen! Oder besser gesagt: „Werdet wie die Kinder“ (auch wie die, die „fremdeln“ - das ist zulässig)!

Was die Mobilität betrifft: Auf diese antworten Staaten mit Ghettoisierung (die nicht unabsichtlich passiert), um sich daraufhin über die Ghettoisierung zu beklagen. Wer gehen will, soll gehen; wer bleiben will, soll bleiben. Wer nicht kann, dem wird geholfen. Die Dauer spielt keine Rolle. Freie Marktwirtschaft!? Wer keinen Platz findet, zieht weiter. Das funktioniert, so lange das System nicht vorsätzlich zum Nachteil anderer manipuliert wird: Erst dann haben wir ein problematisches Problem.






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