Mittwoch, 22. Januar 2014

Der Gläubige, der Religiöse, das Betteln

Der Gläubige und der Religiöse,
Begegnen sich,
Und keiner meint's böse,
Als sie bereden, gewissentlich:
Der Gläubige:
Du gibst also Bettlerbanden?
Der Religiöse:
Die „Banden“ hab ich nicht verstanden.

Der Gläubige:
Die rotten sich hier überall zusammen,
In unsrer noblen Innenstadt;
Und keiner weiß, woher sie stammen,
Ob aus Kiev oder Islamabad.

Der Religiöse:
Es tut mir leid, ich seh hier nur
Arme, die was brauchen;
Die knien in der Kälte, dauernd und stur
Für Kleingeld, tun dabei nicht einmal rauchen.

Der Gläubige:
Mein Guter, du bist doch recht naiv,
Wer weiß, wofür die's wirklich verwenden?
Das Sitzfleisch ist zäh, die Taschen sind tief,
Willst du dem Konsum seinen Schotter entwenden?

Der Religiöse:
Die paar Münzen geb ich gern,
Um einiges leichter macht mich das;
Meinem Wirten bleib ich darum nicht fern,
Erst im Geben macht Geld Spaß.

Der Gläubige:
Den Zigeunern aber doch umsonst
Ist die Kohle hier vergeben,
Wenn du auch dafür in den Himmel kommst;
Die bleiben Habenichtse in diesem Leben.

Der Religiöse:
Was aus ihnen wird, liegt weder in meiner Hand
Noch in meinem Wissen;
Ich befriedige mir bloß Karma und Anstand,
Warum geht’s dir dabei so beschissen?

Der Gläubige:
Weil ich nicht glaube, dass es was bringt,
Weder denen noch mir;
Und wer so mit dem Leben ringt,
Soll's woanders tun. Hier trinke ich mein Bier!

Der Religiöse:
Meinen Glauben übe ich hier aus und davon
Handelt er: Der Menschenliebe.
Woran du glaubst, das merke ich schon:
An Klatsch, Populismus und deine ängstlichen Triebe.

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