Mittwoch, 31. Juli 2013

Staatsverschleppung aus dem Servitenkloster

Widersprüche und Preis einer unmenschlichen Propaganda

Der einsetzende Wahlkampf zeigt: Nicht nur das Wetter ist in diesem Jahr wieder extremistisch unterwegs. Er skizziert zudem den politischen (eigentlich philosophischen) Ungeist nicht nur unserer Tage, dessen Fratzen sich insbesondere anhand dreier Punkte aufspießen lassen:

Punkt 1: Gesetz sei Gesetz!

Da behaupten die ÖVP-Innenministerin genauso wie ihr Konkurrent/Partner (der ausgerechnet hierbei zu Wort kommende und eigentliche) SPÖ-Wahlkampfobermanager Darabos, im Falle der plötzlichen Abschiebungen von acht Pakistani, die sich im Wiener Servitenkloster aufhielten und zuvor an der demonstrativen Votivkrichenbesetzung beteiligt waren, wäre alles in Ordnung, weil man (nur) streng nach dem Gesetz gehandelt hätte.

Sprich: Die Vertreter_innen jener Parteien, die für die betreffenden Gesetze – durchaus mit, wie Darabos, mit Stolz – zuständig sind, haben nichts gegen ihre Anwendung? Wie überraschend! Die nächsten zwei Personen, die erstaunlicherweise kein Problem mit dieser Exekutierung haben, sind Polizeipräsident Pürstl und FPÖ-Chef Strache.

Ersterer gibt sich Mühe zu versichern, dass bei der Ausstellung so genannter „Heimreisezertifikate“ durch die pakistanischen Botschaft (ohne die keine Abschiebung möglich wäre) keine Schmiergelder flossen. Zweiterer gibt sich Mühe, den Job der Ausländer_innen-Feindbildung erneut an sich zu reissen. Dabei erreicht sein Zynismus durchaus eine altbekannte Unappetitlichkeit (Gratulation!).

Das sophistische Fazit:

Es wird also behauptet, dass die Abschiebungen gerecht(fertigt) waren, weil sie gesetzesschriftlich rechtens waren. Wobei Gesetze nichts anderes sind, als die Werkzeuge von Parlament und Regierung. Kurzfassung: Alles was wir machen ist gut, darum ist es gut!

Geht es hingegen um die genaue Einhaltung der Verfassung und der darin erwähnten Menschenrechte, erscheinen die selben Politiker_innen weit weniger streng. Und was die Moral der weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft betrifft, sei an den „Tierschutz-Prozess“ erinnert.

Punkt 2: Propaganda um jeden Preis!

Im letzten Jahr wurden drei Pakistani abgeschoben, in diesem Wahljahr bereits vierundzwanzig. Dass die einander abwechselnden ÖVP-Ministerinnen Fekter und Mikl-Leitner gerne mit der rechtsextremen Härtelinie kokettieren, ist nicht neu. Justizministerin Karl wurde mittlerweile zur halbstarken Mitläuferin (oder völlig verrückt?).

Die Rhethorik bleibt großteils „sachlich“, wie man es von Koalitionspartnerin SPÖ, welche die Entscheidungen des Asylgerichtshofs und BMI zwangsweise goutieren muss, ohnedies gewöhnt ist. Der Inhalt ändert sich dennoch nicht: Die Abschiebung wäre gut, wir (deshalb) ein Rechtsstaat, dies sei der tollen Zusammenarbeit innerhalb der SPÖVP zu verdanken, wählen sie uns wieder (jedoch bitte nicht unsere Partnerin)!

Die Billig- und Gratiszeitungen sind auf den Zug nach Unmoralstadt aufgesprungen (Hauptsache Schlagzeilen!). Dort wird schon getitelt, als wäre der Vorwurf der Schlepperei gegen die Abgeschobenen bereits rechtsgültiges Urteil. Bei jedem Wirtschaftsverbrecher wiederum wird bis zum Wehtun auf die Unterscheidung von Schuld und Unschuldsvermutung geachtet. Außerdem hätten die Protestasylanten angeblich mehrere zehntausend €uro erschleppt. Das bringt mich sogleich zu...

Punkt 3: Widerspruch!

Zum Einen würde man sich ganz genau an die Gesetzte halten... als hätte es Schlupflöcher nie gegeben. Zum Anderen stehen auf Schlepperei ein bis zehn Jahre Haft; und noch bevor die Öffentlichkeit über die erwiesene Schuld der mutmaßlichen Verbrecher informiert werden konnte, wurden diese nach Pakistan deportiert.

Da schenkte die Fremdenpolizei den durch die „Soko Schlepperei“ dringend Verdächtigten also die Freiheit und der Staat bezahlte sogar das Flugticket. So viel zur Rechtsstaatlichkeit; so viel zum Schutz der Flüchtlinge vor Schlepperbanden durch unsere brave Exekutive.

Gerade gab man angeblichen Schleppern die beste Gelegenheit, ihren dunklen Geschäften erneut nachzugehen. Denn wo finden sich wohl geeignete Opfer für die mittlerweile erfahrenen Menschenschmuggler? Richtig: In Pakistan (einem Land wirschaftlicher und politischer Erdbeben)!

Geht's ums Geld?

Die angeblichen Summen, die jene vermeintlichen Verbrecher verdient hätten und mein Jahreseinkommen mehrfach übertreffen, führen zu der weiteren Hinterfragung: Warum schließen sich solche Besserverdiener einer Protestbewegung verarmter Asylwerber_innen an und frieren sich für diese monatelang in der besetzten Kirche den Hintern ab? Vielleicht sind es politisch besonders moralische Schlepper?

Sollte der Vorwurf jenes Verbrechens aber nicht die propagandistische Lüge sein, die er mit gewisser Sicherheit ist, warum kommt man ausgerechnet kurz vor den Nationalratswahlen darauf, gegen diese Männer vorzugehen? Ihr Aufenthalt war bekannt, ihre Protestaktion ein monatelanger Tag der offenen Tür. Vom Servitenkloster aus mussten sie sich täglich bei der Polizei melden...

Und wieder einmal kann man sich zwischen zwei Ansichten entscheiden: Entweder die zuständigen Behörden und Politiker_innen sind inkompetent und bemerkten diese üblen Verbrecher vor ihrer (medialen) Nase die ganze Zeit über nicht. Oder sie sind zutiefst bösartig und opfern die Zukunft dieser deportierten Menschen für ihre billig-populistischen Zwecke.

So oder so weiß niemand, was mit den abgeschobenen Pakistani nach ihrer Ankunft geschehen ist (erinnert ein wenig an Russland). Die Caritas hat keinen Kontakt, die Polizei keine Verantwortung mehr. Alles was wir wissen ist, dass diese Aktion niemanden nützt, außer jenen Berufspolitiker_innen, die vor der Wahl um die Stimmen antihumanistischer Idiot_innen buhlen.

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