Montag, 17. Juni 2013

Zum Syrienkrieg: 3 Notwendigkeiten

Folgendes ist meiner Meinung nach von den unparteiischen Staaten, die dazu in der Lage sind, im Falle des syrischen Bürgerkrieges, zunächst – das heißt noch vor den Überlegungen zur Ermöglichung von Friedensverhandlungen – zu unternehmen:

1. Unterstützung der Flüchtlinge

Da im Falle eines Krieges jene Bewohner_innen oder Staatsangehörige das verheerte (Staats-)Gebiet verlassen, die zur Kriegsführung nicht in der Lage oder gewillt sind, bilden diese Flüchtlinge die besten Befürworter_innen und geeignetsten Träger_innen eines zukünftigen Friedens in dem betroffenen Land, dem betroffenen Staat, vorausgesetzt, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt, nach Beendigung der Kriegshandlungen, in der Lage oder gewillt sind, dorthin zurück zu kehren. Diese Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen den Krieg (gleichgültig ob dieser von Mitgliedern des eigenen Volkes oder jenen fremder Völker angetrieben wird) meiden, sind die naheliegendsten Vertreter_innen einer Zivilgesellschaft, ohne die ein solcher Frieden (ausgenommen eine absolute, negative Befriedung, die nur durch Ausrottung aller im Kriegsgebiet lebenden Menschen und nachhaltige Verunmöglichung erneuter Besiedelungen erreichbar ist) unmöglich ist, da auf eine solche „zivile“ Bevölkerung Staaten und ihre Verfassungen gründen, die allein geeignete Mittel sind (und zumal dies das ureigenste Interesse solcher Gesellschaften ist), weitere Kriege – also die gewaltsame Aufhebung der zivilen (eigentlich zivilisierten) Ordnung und ihrer Gesetze, sowie die Missachtung allgemeiner Menschenrechte – zu verhindern.

Darum muss besonderer Schutz und ausreichende Verpflegung – im Falle länger anhaltender Fluchtzustände auch Ausbildung und Erwerbsmöglichkeiten – den Flüchtlingen zugebracht werden. Auch muss die Ausreise der noch im kriegsverheerten Gebiet, aufgrund welcher Zwänge auch immer, zurück gebliebenen Menschen ermöglicht oder unterstützt werden. Auf diese Weise hilft man den dem Elend des Krieges und der Niedertracht der Kriegs(be)treiber ausgesetzten Völkern und Staaten in der bestvorstellbaren.

Aufgrund der speziellen Situation der Flüchtlinge dieses Syrienkrieges müssen zügigst jene Staaten und Hilfsorganisationen finanziell und materiell besser unterstützt werden, die die akuten Flüchtlingsmassen derzeit (vielfach nur notdürftig) versorgen.

2. Unterbindung und Verbot des Waffenimports/Handels

Es sollte sich von selbst verstehen, dass damit, in diesem Fall, Waffenlieferungen sowohl an das so genannte „Assad-Regime“, als auch an die Rebellengruppen verhindert werden müssen. Von manchen Staatsvertreter_innen – nicht zufällig jener, die über die größten Waffenindustrien verfügen – oder Kommentator_innen mögen diese Lieferungen, an die eine oder andere Konfliktpartei, mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass man dadurch einen Ausgleich im Kräfteverhältnis der sich Bekriegenden schaffen würde. Das mag sein; aber zunächst ermöglicht dies eine Weiterführung der Kämpfe, eine Festigung des Kriegszustandes (und damit des potenziellen Waffenhandels). Außerdem führt jede Waffenlieferung an eine Seite, also Stärkung der selben, dazu, dass ihre Gegner davon um so gedrängter ihrerseits nach Wegen suchen, sich zu stärken, an neue Waffen zu gelangen. Je mehr und je mächtigere Waffen in einem Kriegsgebiet sich befinden, zudem in Händen von Menschen, die die zivile Ordnung und ihre Gesetze abgeschafft haben (diese existieren im Kriegszustande nur noch zum Schein), umso höher wird das Schadenspotenzial des Krieges; und es erhöht sich dadurch auch für die benachbarten Regionen. (Man kann Feuer nur dann mit Feuer bekämpfen, wenn das kontrolliert eingesetzte sich vom auszulöschenden entfernt.)

Im Fall des Syrienkonfliktes sind Waffenlieferungen an beide Konfliktseiten unzulässig. Bei den Rebellen handelt es sich nicht um eine homogene Gruppe, sondern um eine Vielzahl diverser Kampfverbände, die unterschiedliche Endziele verfolgen und sich weder unter einer Führung, schon gar nicht unter gemeinsamen Gesetzten oder einer einigendenden Verfassung formieren. Keinem Rechtsstaat kann es daher möglich sein (es sei denn, er verleugnet sich selbst), in sinnvolle Verhandlungen (über eine martiale Unterstützung) mit ihnen zu treten. Keinem mit Waffen handelnden Privatunternehmen darf es gestattet werden, seine Kriegsgeräte in das gesetzlose Chaos zu senden, das diese schwer überschaubaren Rebellengruppierungen gemeinsam bilden.

Dem Regime Assads aber eine solche Unterstützung zukommen zu lassen, selbst wenn dieser teils immer noch (und unverständlicherweise) als legitimer Staatschef Syriens vom Ausland anerkannt wird, verbietet die (paradoxerweise ebenso vom Ausland anerkannte) Erkenntnis, dass er selbst oder wenigstens Führungspersönlichkeiten seines Regimes für die Eskalation der Gewalt und damit für den Ausbruch des Krieges verantwortlich sind.

Abgesehen davon muss man fragen: Wie demokratisch und rechtsstaatlich organisierte Staaten, wie die USA, Großbritannien oder Frankreich – die sogar schriftlich angeben sich zu den Menschenrechten zu bekennen – sich selbst erlauben können, eine fremde Regierung mit Waffen zu versorgen, die erwiesen ihren eigenen moralischen Grundsätzen und sogar ihrem politischen System widerspricht.

So spricht der russische
Diktator Putin zwar formal richtig von der syrischen Regierung als einer anerkannten, der er daher ohne Verletzungsgefahr gewisser Völkerrechte und Abkommen Waffen zuschieben dürfe. Da diese internationalen Rechte und Verträge allerdings zum Schutze der Souveränität und Sicherheit der zugehörigen Staaten untereinander dienen (sollten), verletzt eine Waffenlieferung ihre Absicht jedenfalls; so wie man beispielsweise nicht die Verfassung schützen kann, indem man sie partiell aufhebt, wie dies in den USA geschieht. Was von Putin ebenfalls zurecht kritisiert wird, allerdings nichts daran ändert, dass er selbst Oberhaupt eines schlechten Regierungssystems ist, während die kritisierten USA ein besseres System, indessen aber schlechte Regierende haben. Der syrische Regimechef Assad jedoch führt nicht nur ein schlechtes System an, er führt es zudem schlecht.

Letztlich – und das ist der Kern eines weiteren Problems, an das uns der syrische Bürgerkrieg wieder einmal erinnert – kann man keine sinnhaften Abkommen und Verträge unter Staaten schaffen, die jeweils auf völlig unterschiedliche Staatsverfassungen gründen und nur dem Äußeren nach notwendige Gemeinsamkeiten aufweisen (so nennen sich die meisten Tyrannen – nach britischem Vorbild – „Premierminister“ und tragen Krawatte zu ihrem Anzug. Dennoch werden die einen legitim aus dem Volke gewählt, während sich die anderen an die Macht putschten oder von einer Oligarchie aufgestellt werden). Unter anderem aus diesem Grund bildet die UNO, mit ihrem chaotischen Haufen an Mitgliedern, auch keine kompetente Instanz für Konfliktlösungen dieser Art.

Ich schließe also, dass man weder dem Assad-Regime noch den Rebellengruppen Waffen anvertrauen darf, wenn man im Namen des Humanismus, dem sich die aufgeklärten Demokratien zu verschreiben meinen, Frieden in der Region stiften will. Die einzige Alternative, die Streiparteien gewissermaßen auseinander zu halten, ohne diese dabei in ihren kriegerischen Mitteln zu stärken, wäre ein militärischer Einsatz ausländischer, unparteiischer Truppen, die sich nach Erfüllung ihres Auftrages (nämlich dem Schutze der Zivilbevölkerung) wieder zurückziehen und ihre Waffen, die sie während des Einsatzes auch keiner anderen Kriegspartei aushändigen dürften, dabei wieder mitnehmen.

3. Unterstützung der benachbarten Regionen und Staaten bei der Eindämmung des Krieges

Es ist sicherlich unumgänglich dafür zu sorgen, dass benachbarte Regionen nicht in das Kriegstreiben hineingezogen werden. Neben der Versorgung der dort ankommenden Flüchtlinge müssen diese Staaten also dabei unterstützt werden, ihre Grenzen gegen übertretende Kriegsbeteiligte zu sichern; um zu verhindern, dass einzelne Mitglieder dieser unbeteiligten Staaten sich einer kriegsführenden Seite anschließen oder diese militärisch unterstützen; um den Waffenschmuggel (neben dem Waffenhandel) ins Kriegsgebiet zu verhindern. Die Kriegsparteien müssen von allen Mitteln abgeschnitten werden, mit denen sie in der Lage sind, den Krieg weiterzuführen (was nicht selten dadurch geschieht, indem eine in Mittelknappheit geratene Kriegspartei versucht, das von ihr kontrollierte (und damit alsbald kriegsverseuchte) Gebiet auszuweiten, wo sie hofft sich Ressourcen aneignen zu können.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Schreib dich aus