Dienstag, 21. Februar 2012

Ärztin meint, Mütter mit Behinderung seien (auch) Last für ihr Kind...Eine mitbetroffene Antwort

Vor kurzem verklärte eine Ärztin meiner Freundin, die eine ganze Lebenserfahrung mit spastischen Lähmungen und seit über zwei Jahren Mutter ist, dass Mütter mit Behinderung immer eine Belastung für ihr Kind seien. Als meine Freundin zur Gesundenuntersuchung ging, wusste sie wohl nicht, dass solcherart Watschen ebenfalls von der Sozialversicherung abgedeckt sind.

Nicht nur aus persönlicher Erfahrung kann ich erklären, dass diese Ärztin ihre Kompetenzen überschritt. Selbst wenn es unserer Kleinen nicht gut ginge, sie sich nicht wunderbar entwickeln würde: Die Frau Doktor kann nicht mehr Erfahrung zum Thema Eltern mit körperlicher Behinderung haben, als wir; und ein weißer Kittel entschuldigt keine unprofessionellen Vorurteile.

Mag sein, dass eine Allgemeinmedizinerin, auf Seminaren, in Kursen, bei Vorträgen, über Eltern mit Behinderungen erfuhr, wobei solches Drüber-Reden sicherlich von anderen WeißkittelträgerInnen ohne Behinderung veranstaltet und mit distanzierten Annahmen gefüllt wird. Im Alltag und den Bereichen von Menschen mit Behinderung, werden diese immer noch zu selten, als kompetente, langjährig Betroffene, zu den sie betreffenden Themen befragt.

Vielleicht macht es die Gesellschaft den DoktorInnen auch zu leicht, sich über ihren Fachbereich hinaus zu verreden. Man darf aber nicht vergessen, dass eine Person, die Medizin studierte, ihre besten Jahre genau damit verbringen musste: Lernen, Prüfungen bestehen, schlecht bezahlte Praktika, in vielen Überstunden, im Krankenhaus oder im bestimmten Fachbereich zubringen. Nicht alle MedizinerInnen hatten offenbar dabei Zeit, den Alltag von Eltern mit Behinderungen zu erleben, selbst eine Behinderung oder/und Elternschaft zu erwerben.

Also zur Aufklärung: Eltern mit Behinderung(en) sind nicht mehr oder weniger eine Last für ihre Kinder, als andere Eltern. Diese praktische Erfahrung lässt sich auch nicht durch einen akademischen Titel beirren.

Ergänzung: Genauer gesagt meinte sie, eine Mutter mit Behinderung sei auch eine Belastung für ihr Kind. Aber dieser Zusatz, der offenbar zugestehen will, dass sie auch etwas anderes für ihr Kind seien könnten, ändert natürlich nichts an der ursprünglichen Aussage: Dass es die Behinderung der Mutter wäre, die das Kind belasten würde.

Eine Last für ein Kind ist Gewalt im eigenen Haushalt; eine Belastung kann beispielsweise der Stress in der Schule sein. Aber einen Elternteil aufgrund eines körperlichen Nachteils dementsprechend zu bewerten, ist, als würde man die Kälte von Schneemännern als Zumutung für jene Kinder definieren, die selbigen bauen.

Zusatz: Auch wenn es nicht gewünscht wäre, würden Namen nicht genannt werden. Denn es geht nicht um Schall und Rauch.

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