Dienstag, 16. November 2010

Alles über Politik (der absolute Senf)

Zu lange nicht im Politischen zu stochern, um seinen Senf zu allem Auffindbaren beizumengen, ist, wie zu lange auf Masturbation zu verzichten – nämlich nicht gesund. Es ist auch völlig egal, ob sich jemand daran beteiligt oder dafür interessiert; es muss getan werden.

Zur Erregung kann dieser Tage zwar vieles führen, in meinem Älterwerden nützt sich allerdings meine Empfindsamkeit zunehmend ab, gegenüber jeglicher Eckelhaftigkeit, Grausamkeit und Dummheit, die den Akteuren der politischen Szene zu zuschreiben ist; was glücklicherweise nicht mit dem Masturbationsbereich zu vergleichen ist.
Die Politik hat mit Sex zwar gewisse Funktionsweisen gemeinsam, stellt in der Praxis aber trotzdem dessen Gegen-System dar, sprich: Das Gegenteil von Sex ist Politik. Was ist mit Koalitionen, werden da einige vielleicht fragen, ist das nicht wie mit einer Ehe? Nein. Eine Ehe beginnt meist mit Verliebtheit und endet meist, weil man sich gegenseitig nicht mehr erträgt. Eine Koalition beginnt meist mit gegenseitigem Hass und endet lange nicht, obwohl man sich gegenseitig nicht erträgt.

Diplomatie ist zwar, durch seine Vorgehensweise, mit Flirts aller Arten vergleichbar, in der Praxis versucht der Diplomat aber alles, seinen bevorzugten Partner aus seinem Einflussbereich heraus zu halten und trotzdem Vorteile durch ihn zu erzielen. Beim sexuellen Flirt sind die erzielbaren Vorteile völlig gleichgültig, Hauptsache ist, der bevorzugte Partner kommt, um jeden Preis, in meinen und in meinem Einflussbereich.

Wenn Politik – wie ich eben eindeutig bewies – also das Gegenteil von Sex ist, muss das Ergebnis von Politik ebenso gegenteilig, zu jenem der Sexualität, ausfallen. Das Ergebnis von Sex ist Spaß, Euphorie, ein Glückshormonschub, der in tranceartige Zustände führen und das Bewusstsein erweitern kann; manchmal entsteht auch ein Kind dabei, neues Leben. Politik hingegen, führt zu Langeweile, Frust, zu großflächiger, emotionaler Abstumpfung und Volksverblödung; neues Leben in eine, von Politik beherrschte, Welt zu setzten, hat wenig Reiz.

Nun muss man natürlich einräumen, dass nicht jeder Sex gut ist, ergo kann auch nicht jede Politik schlecht sein. Welche Politik aber ist nicht schlecht, das heißt gut? Das lässt sich nur herausfinden, wenn wir feststellen, was schlechter Sex ist (andere Methoden sind nicht hinreichend geprüft und/oder weisen eine zu hohe Fehleranfälligkeit auf). Schlechter Sex ist, wenn ich betrunken mit jemanden ins Bett steige, den ich eigentlich nicht riechen kann und der mir in gewisser Weise unsympathisch ist, was ich aber ignoriere, weil ich irgendwie trotzdem geil auf diese Person bin. Dies ändert sich aber bald, im Laufe des Geschlechtaktes, den man aus reiner Höflichkeit beendet. Einige Stunden später wacht man neben dieser Person auf, stinkt mir ihr um die Wette aus dem Mund, hat einen fürchterlichen Kater und weiß nicht einmal mehr, wie der Sex war, ob er tatsächlich stattgefunden hat und wie der Name der Person lautet, die einen bittet möglichst bald zu gehen, weil sie arbeiten müsse und ihr/e Lebenspartner/in bald heim käme. Das, in etwa, ist schlechter Sex.

Wie können wir nun daraus schließen, was gute Politik ist? In dem wie klären was guter Sex ist. Dieser beginnt nämlich, bevor er beginnt. Man begegnet sich, man verspürt sofort eine unausgesprochene Anziehung zu einander, über den Körper zwar, doch es geht darüber hinaus, weil nur ein sich gegenseitiges Anblicken, ein tiefer Augenkontakt, genügt, um einem die Glut der Leidenschaft, quer durch den Körper, ins Gehirn zu schießen. Man kann sich riechen, er/sie duftet, dass man trunkener mit jedem Zug wird, den man mit der Nase an ihrem/seinem Hals macht. Selbst die ersten, unschuldigen Berührungen fühlen sich sanft, aber intensiv erregend an. Man versteht die Körpersprache des anderen fließend, verfließt, in den leidenschaftlichen Bewegungen, ineinander. Orgasmen folgen, die einem beinahe das Bewusstsein rauben; oder hatte man es für einen kurzen Höhepunkt lang tatsächlich verloren? – für einen Augenblick, in dem man sich ganz fallen ließ, in ein unendliches Vertrauen, in alles und nicht.

Was also ist gute Politik. Sie beginnt wohl, bevor sie beginnt. Ein Mensch muss ausgestattet sein, mit der Fähigkeit zu empfinden, zu denken, zu lieben oder meinetwegen einfach nur mit Empathie. Eine gewisse soziale Intelligenz kann nicht schaden, wenn man sich auf ein Date geht. Das richtige Aussehen ist, für den ersten Augenblick, nicht unwesentlich, im Wesentlichen aber bestimmt der Charakter, ob man sich riechen kann, ob man sich wirklich mag, ob man sich interessant findet. Wenn man so weit ist, kann man eine Partei gründen.

Wer die Sprache des Volkes, mit dem man heiße Liebe machen will, nicht versteht, hat in der Politik nichts verloren; wer die Sprache des Volkes versteht, diesen Vorteil aber nur ausnützen will, um das Volk ins Bett zu kriegen und danach nie wieder anzurufen, ist zwar häufig in der Politik anzutreffen, aber offensichtlich ein gesellschaftliches Arschloch. Die Reputation solcher Leute ist leider selten einsehbar, deshalb muss das Volk, auf einen Blick oder sobald der/die Politiker/in zum ersten Mal den Mund aufmacht, wissen woran es ist. Es kann nicht schaden, im Vorfeld einer Wahl, an den jeweiligen Kandidatinnen zu riechen.

Erfahrung im Bett kann nicht schaden, zu guter Politik führt aber doch mehr als nur die Technik. Sollte ihr/e Politker/in, oder im Falle von Gruppenpolitik, deren/dessen gesamte Partei, nach mehreren Versuchen immer noch nicht ihren Wünschen entsprechen, sollte man diese nicht wieder wählen. Ich weiß, das klingt selbstverständlich, ihr glaubt aber gar nicht, wie oft schlecht geliebte oder sogar geprügelte Volksgruppen zu ihren Politiker/innen zurückkehren.

Gute Politik hat mit gegenseitigem Verständnis zu tun. Es mag zwar sein, dass euer Volksvertreter ein unsensibler Klotz ist, der nicht weiß, wie er mit ihnen umgehen soll. Wenn sie aber, die gesamte Legislaturperiode hindurch nicht bemerken, dass er schon in ihr Leben eingedrungen ist und ihr erst wisst, dass er mit euch fertig ist, wenn er bei den nächsten Wahlen ein geistloses Gegrunze von sich gibt, dann nützen nicht nur (gegenseitige) Vorwürfe. Versucht zu verstehen, wie euer Volksvertreter denkt, was seine inneren Bedürfnisse sind, seine geheimen Wünsche, mit wem er sonst noch in die Kiste springt und woher er seine Einkünfte bezieht. Vielleicht kommt ihr dann dahinter, was in eurer Beziehung nicht stimmt. Wenn dies auch nichts nützt, könnt ihr ihm immer noch einen Arschtritt verpassen. Andere Parteien haben auch schöne Politiker/innen.

Und es ist nicht immer das große Geld, das protzige Dienstauto, sind nicht immer seine tollen, reichen Freunde und die tollen Geschenke, euch versprochen werden; auch ist nicht sein breites Grinsen und seine flotten Machosprüche, die den richtigen Abgeordneten für euch ausmachen. Manchmal finden sich in kleinen, unscheinbaren Parteien, stille, aber tiefe Gewässer. Sie sehen auf den ersten Blick vielleicht nicht weltbewegend aus, wie introvertierte Nerds vielleicht, aber wenn ihr eure Augen in die ihren versenkt, so wisst ihr, dass sie ganz die euren sind. Und dann geht’s ab. Die richtigen Politiker zu finden braucht Zeit.

Vielleicht steht ihr auf Männer, vielleicht auf Frauen, vielleicht mal auf das eine, dann wieder auf das andere. Wichtig ist, dass ihr die Wahl eurer Wahl kennen lernt, wisst, wer dahinter steht. Lernt ihre Partei kennen und ihr lernt vieles über den/die Volksvertreter/in. Doch dies alles könnt ihr nur nützen, wenn ihr auch über euch selbst bescheid wisst. Lasst euch nirgendwo hineinreden, euch nicht verunsichern oder abfüllen; bleibt selbstbewusst, aber ebenso offen für Neues, für Innovation und Abenteuer, wenn es sich gut anfühlt und noch besser andenkt.

Und ihr Politiker/innen: Ihr mögt vielleicht in den ersten Jahren glauben, alles gehe nur darum, seinen Spaß zu haben, dass man das Weite sucht, wenn der nicht mehr passiert, wenn einem die Freunde raten, man solle endlich Schluss machen, um mehr Zeit für wilde Partys zu haben, auch wenn ihr nach denen immer ganz erledigt nach hause geht, euch nicht im Spiegel erblicken wollt und euch, in euren einsamen, kalten Betten fragt, wozu ihr dieses Leben überhaupt führt. Guter Sex hat mit Liebe zu tun und manchmal muss man auch durch weniger spaßige Zeiten, muss seine coolen, reichen Freunde allein losziehen lassen und sich vielleicht neue suchen, um mit dem/der Partner/in süße Liebe erfahren zu können, und vielleicht wird mehr daraus – neues Leben und ein großer, glücklicher Staatshaushalt.

Für all jene, die aber trotzdem alte Windhunde/hündinnen bleiben und das Streunen nicht lassen können, gilt nicht weniger die Regel: Liebet eure Nächsten – trotz allem –, respektiert eure Wählergruppe, ganz gleich wie lange ihr mit ihr verkehren möget, vergesst nicht, dass es sich um Menschen handelt und vergesst außerdem nicht zu verhüten; damit die Fehler der Vergangenheit, sich nicht auf Mensch und Politik der Gegenwart übertragen. Egal, was der Papst sagt – denn mehr gibt es hierzu nicht zu sagen.

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