Dienstag, 20. Oktober 2009

Fairtrade für EU-Bauern

Müssen europäische Milchbauern bald Fairtrade-Mitglieder werden? Als wäre die EU ein Entwicklungsland in den Fängen internationaler Konzerne, mit einem korrupten Regime anstelle einer Regierung, werden von der EU 280 Millionen an die Bauern geschenkt, anstatt für gerechte Preise zu sorgen. Vielleicht damit die Milchproduzenten endlich mit den Protesten aufhören? Als Bestechung sozusagen.

Aber woher kommen diese Millionen überhaupt. Leerte Agrar-Kommissarin Mariann Fischer Boel „ihre“ Taschen? Das ist eher zu bezweifeln. Es sind unser aller Taschen, durch die ausgeglichen werden soll, was der Lebensmittelhandel nicht an die Bauern zahlen, wohl aber an die Endverbraucher weitergeben will. Die europäischen Steuerzahler zahlen also doppelt drauf: Einmal für die Milchpreise im Supermarkt, und dann noch einmal für die EU-Subventionen, welche die Agrar-Kommissarin so freizügig aus „ihren“ Beuteln zahlt, um die Bauern, deren Milch wir alle über Zwischenhändler kaufen, am leben zu halten. Das ist Kapitalismus, wie er funktioniert; das ist der wunderbare Wirtschaftsliberalismus.
Die Zwischenhändler können sich freuen, denn im Grunde lebt das ganz System nur noch für ihren Gewinn – das die Bauern und die übrigen Steuerzahler finanzieren.

Eine weitere Frage bleibt also: Warum meldet sich hierzu nicht die Wettbewerbskommissarin? Ist ihr das Thema nicht wichtig, nicht lukrativ genug? Vielleicht ist sie immer noch zu sehr mit dem Opel-Magna-Deal beschäftigt, hatte der deutsche Finanzminister es immerhin gewagt, seine Empfehlungen für Magna auszusprechen – ganz schön dreist, und so richtig wettbewerbsverzerrend, wenn sich jemand aussuchen möchte, an wen er seine Firma verkaufen will. Aber LebensmittelhändlerInnen, die sowohl Produzenten als auch Endverbraucher abzocken, sind offenbar kein Problem, für den „Wettbewerb“. Eine Abzocke ist das, die man in früheren Zeiten „Wucher“ nannte und für die solche HändlerInnen, zu denselben alten Zeiten, an den Pranger gestellt und mit ihren eigenen Waren beworfen wurden. Ich vermisse diese Jahrhunderte manchmal. Vielleicht sollten wir diesen ganzen Wettbewerb also ebenso in Frage stellten, und die mächtigen Positionen, in denen sich die KommissarInnen der EU befinden, nicht weniger.

Diesen "Wucher" aber nennen sie einen Zug der Milch-Agrar-Reform. Eine Reform wäre meiner Ansicht nach, wenn man nicht Subventionen in ein dysfunktionales System stecken, sondern das System den herrschenden Bedürfnissen anpassen würde - und ich meine nicht die Bedürfnisse der Lebensmittelhandelsketten.

Bevor ich aber noch mehr fragen, in den Screen tippe, lasse ich eine Überlegungen folgen, die ausnahmsweise einer Antwort nahe kommen: Bauern-Kollektive! Aber nicht solche des „Realsozialismus“, dem realen Pseudosozialismus, sondern vielmehr Bündnisse von Milchproduzenten, die kollektive Molkereien betreiben. Denn wenn die Molkereien in Händen der Bauern lägen, hätten die Handelsketten einen schwächeren Stand bei den Preisverhandlungen.

Desweiteren sollten die europäischen Bauern, im Zuge der eigenen Molkereibetreibung, Mitglieder bei Fairtrade werden, damit auch die Konsumenten sicher sein können, dass die Arbeitskräfte der Bauern nicht weiter ausgebeutet werden und sie von ihren Produkten, und nicht von unseren Steuergeldern, leben können.

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