Samstag, 4. April 2009

Pirschen im Blätterwald I: Antinazispray

Geraschel. Es ist nicht neu, dass visuell-drastische Botschaften gegen Nazis bzw. Rechts öffentlich erscheinen. Fäkalhumor auf Toiletten: wo wenn nicht dort. Doch ein Hakenkreuzmännchen, das vor einem anderen, mit einem Knüppel bewaffneten davonläuft (auf der Titelseite von „Faktor“, der Zeitschrift der sozialistischen Jugend Wien) symbolisiert eine linke Gegenbewegung die nicht nur ihrerseits abhängig vom rechten Feindbild wurde, sondern ideologisch teilweise kollabierte und nun nicht mehr gegen- sondern gleichzieht.

Brutale Gewalt gegen Andersdenkende – nicht nur auf dem „Faktor“-Titelbild – darzustellen bleibt verabscheuenswürdig und primitiv, auch wenn die Namen von Opfer und Täter verändert wurden. Wer der Nazi-Ideologie zu Recht keinen Glauben schenkt, wie die Linken von sich sicherlich behaupten wollen, der erkennt an, dass alle Menschen von Geburt an gleich(wertig) sind, unabhängig beispielsweise von Parteizugehörigkeit oder politischer Einstellung. Wer solches anerkennt unterscheidet nicht zwischen Opfer und Opfer, Täter und Täter: Ob Homosexuelle, Roma, Juden, Menschen mit Behinderung vertrieben und geprügelt werden oder ein Neonazi, ändert nichts am Verbrechen, es bleibt Verbrechen. Es sei denn, Antifaschisten wollen sich zu Richter und Henkern in einem machen, weil sie keinen anderen Weg kennen, weil sie den physischen Gewaltkonflikt benötigen, womit sie sich aber – ebenso wie die Neonazis – zu Feinden der Demokratie, der Republik machen würden. Wollen sie eine Tyrannei abschaffen, um sie durch ihre eigene Tyrannei zu ersetzten?

Natürlich gibt es welche, die solche Bilder, unter dem Motto „hau den bösen Nazi“ ausschließlich mit Humor betrachten; es handelt sich aber dennoch um ein öffentliches, politisches Statement ohne besondere Rahmenbedingungen, die z.B. einer Satire auferlegt sind, die man als solche (an)erkennen kann. In der Politik wird praktisch alles zu einer ernsten Angelegenheit, selbst das politische Kabarett.
Zweierlei Maß ist ein Graus und eine Krankheit in einem Rechtstaat: Auch inhaltlich kann man sich nicht über illegale Aktivitäten von Neonazis beklagen und zugleich die eigenen illegalen Taten rühmen und gutheißen – es sei denn, man will die Gesellschaft spalten, wonach je eine Spalte behauptet die andere gehöre nicht dazu.

Wenn man Häuser besetzt und Wände besprayt, und die Nazis machen es ebenso, kommt es einer heuchlerischen Kriegshandlung gleich, wenn man zur Polizei, gleichsam wie einzelne Warlords zur UNO, läuft, um dort die Nazis zu verpetzen – Nur im Krieg ist alles erlaubt, wie die Kriegstreiber gerne sagen. Wenn aber ein Warlord, noch mit der eigenen Landmine unter dem Arm, bei der Weltpolizei Beschwerde gegen die Landminen des anderen Warlords erhebt, belastet er sich selbst ohne es zu wissen – und was kann erbärmlicher sein.

Diese ganze Drastik in der Antinazi-Propaganda, die sich der Nazipropaganda (die lediglich auf anderen Ebenen zu agieren gezwungen ist) angleicht, führt zu Gegenteil des gewünschten Zieles – Man führt die antifaschistischen Bestrebungen ins Absurde.

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