Samstag, 21. Februar 2009

Recht und Realität: Österreichische Justiz zum selber basteln

War unterwegs, mit Freund, in einer meiner Stammkneipen und hatte vielerlei Gerede da. Als das Gespräch auf die Gerechtigkeit kam, die, wie ich gelernt hatte, Grundlage einer auf Dauer gut lebenden Gemeinschaft sein müsse, glaube ich auf Bestätigung getroffen zu sein - auf Widerspruch jedenfalls nicht. Weshalb ich auch jetzt noch davon überzeugt bin, dass der Staat gerecht sein müsse, was bedeutet, dass im Bereich rechtlicher Verhandlungen zwischen den Betroffenen eines Falles, für alle Betroffenen eine gleichwertige, kommunikative Teilnahme am Prozess der Entscheidungsfindung gegeben sein muss. Simpel geschrieben: Jeder sei vor dem Gesetz gleich(wertig) zu behandeln, wenn auch nicht gleich zu be- oder verurteilen.

Jetzt gibt es in Kärnten einen Landeshauptmann, der – als einer von Haiders ehemaligen Speichelleckern – nicht nur beste Chancen hat, bei den nächsten Wahlen im Amt bestätigt zu werden und dem gerne mal ein rassistischer Witz in der Öffentlichkeit ausrutscht; dieser Amtsträger ist ebenso der Meinung, dass Asylwerber gegen die es offenbar nicht einmal Anzeigen, geschweige denn von der Staatsanwaltschaft bestätigte Verdachtsmomente gibt, durchaus gut auf einer „Saualm“ verstaut sind. Nach Meinung des kärntnerischen LH Dörfler gibt es nämlich doch irgendwie so ein gewisses, ganz persönliches Verdachtsdingsbums und es sei im Interesse der Sicherheit (im Bereich der Asylpolitik), wenn diese 6 von 12 völlig unschuldigen Menschen weit weg von der wehrlosen Kärntnerbevölkerung hockten.

Dem ist entgegen zu halten: Menschen wie Dörfler sollten auf der Saualm hocken, abseits der Gesellschaft, deren Spielregeln sie nicht verstanden haben. Ob so eine Saualm aber auch genug Platz für all jene nationalistischen Emotionalstörungs-Wähler bietet, die ebenfalls nicht wissen, dass Gerechtigkeit eine vernünftige Sache ist, ist leider nicht vorstellbar. Wäre auch nicht demokratisch und ebenso wenig gerecht, die Deppen und Deppinnen für ihre Deppertheit alleine verantwortlich zu machen. Schließlich wird auch an den Schulen anderer Bundesländer nicht unterrichtet, was eine gerechte Gesellschaft ausmacht. Dabei hätte auch schon Cicero, als pragmatischer Philosoph und Staatsmann (siehe auch hier), aus der Wiege unserer großartigen europäischen Kultur heraus, ein paar einfache Grundsätze formuliert, die sich sogar ein BZÖ-Politiker merken kann oder sich zumindest von seiner Sekretärin notieren. Beispielsweise: Nur ein gerechter Staat ist ein Staat (per Definition).

Ob antike Denker deshalb so selten im österreichischen Unterricht erscheinen, weil sie keine Katholiken waren oder ob österreichische Geschichte tatsächlich mit dem Ersten Weltkrieg beginnt und mit dem Zweiten endet, würde ich gerne von den Verantwortlichen erfahren. Warum kennt jeder das Lieblingsnaschzeug von „Sissi“ und ihren Erstenweltkriegskaiser, warum wird Sekt nach einem frühen, fürstlichen „Big Brother“ namens Metternich benannt, dessen System vorbildlich für alle Diktaturen wurde, während keine Sau weiß, wer Dr. Karl Renner war, dessen Ring nicht zufällig am österreichischen Parlament vorbeiführt. Und da beklagt man sich über weniger als 25% islamischer Religionslehrer, die ihre Demokratieskepsis zugeben und die in den Medien teilweise auf ein verfassungsfeindliches Drittel aufgeblasen werden. Da merkt man, dass nicht nur Kinder von MigrantInnen schulischen Förderbedarf bräuchten: Den Großteil der Politiker und Medienmacher müsste man in Nachhilfeunterricht schicken – da könnten sie nicht nur lernen, wie man (weniger) als 25% in Brüche umrechnet, sonder auch die Grundlagen des Rechtstaates erörtern. Verfassungsfeindlich sind nicht die islamischen Religionslehrer, die ihre Meinung zu Demokratie und Islam äußern; verfassungsfeindlich sind Landeshauptleute die ihre eingeschränkte Meinung vom Rechtstaat zur politischen Realität werden lassen.

Während dies also in Österreich Kopfschmerzen bereitet, richtet sich der Jugendheld Chavez, in Venezuela Schritt für Schritt seine links-romantisierte Diktatur ein. Nach dem wievielten Anlauf hatte er sein Referendum zur uneingeschränkten Wiederwählbarkeit seiner Person durchsetzen können? Konnte gar nicht mehr mitzählen.
Warum der Ruf nach Veränderung immer in extremistischen Chaos enden muss? In den USA hat der Wandel bisher ganz gut geklappt. Vielleicht weil sich Obama an die Spielregeln seiner Staats-Gemeinschaft hält. Offiziell sei auch Österreich eine Republik, habe ich gehört. Das würde ich gerne wieder einmal wahrnehmen können.

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