Freitag, 6. Februar 2009

Klugheit die verwundert

Warum der moderne westliche Mensch geistig immer noch (bestenfalls) in der frühen Steinzeit lebt, beweist der mediale Umgang mit Barak Obamas bisherigen politischen Erfolgen: Da braucht einer nur intelligenter sein als G.W. Bush, schon betrachtet man ihn als übernatürliches Wunder. In Anbetracht dessen ist es hingegen kein Wunder, dass die Amis den Deppen aus Texas zweimal hintereinander gewählt hatten; dachten wohl, der müsse doch gescheiter sein als er wirkt, wenn er immerhin im Weißen Haus sitzt.

Jetzt kommt Obama, verspricht Vernünftiges, hält seine Versprechen – wenn ihm andere Mächte keinen Strich durch die sozialpolitische Rechnung machen – und die Leute können es kaum glauben. Ein Politiker der seine Wahlversprechen hält, das ist beinahe pervers – aber dagegen gibt es kein Gesetzt (das hatte Bush nicht mehr durchsetzten können, die Regierung in Österreich arbeitet daran). Der Mann geht sogar soweit, die Tabaksteuer zu erhöhen, damit die Raucher, die das Gesundheitswesen stark belasten, jenen Kindern eine Gesundheitsversorgung finanzieren, die bisher keine hatten. Unglaublich – kluge Entscheidungen in der Politik, die sogar sozial wirksam sind und kein Zurückschrecken vor den Tabakkonzernen. Daran hätte keiner mehr geglaubt, vor allem nicht in Österreich, wo keiner sich traut, etwas gegen dumme Äußerungen von Kollegen zu sagen, weil man nie wissen kann, wann einem selbst der innere Schwachsinn aus dem Grinsen pupst.

Da braucht nur ein mächtiger Mann, wie der neue US-Präsident beweisen, dass er genug Grips hat, um nicht jede mögliche Friedensverhandlung mit Wortbomben der Marke Eigenbau zu torpedieren; schon glaubt man an das direkte Eingreifen Gottes, an einen Gottgesandten. Anders können sie sich das Obamaphänomen nicht erklären, die Massen. So viel Vertrauen hat der Homo sapiens in seine eigene Intelligenz – ob die nun gottgegeben ist oder nicht -, und die Überraschung über die Entdeckung dieser Intelligenz in der Politik, ausgerechnet in den USA (jetzt steht Europa wieder saublöd da), ist so gewaltig, dass ganze Bücher darüber geschrieben werden. Dabei macht dieser erste „schwarze“ US-Präsident nichts anderes, als seinen Job, indem er u.a. seinen Kopf einsetzt. Sind die modernen Menschen bereits dermaßen über sich selbst frustriert, dass sie, sobald ein Kandidat gerade klug genug ist, ein Buch wie die Bibel beim Lesen richtig herum in den Händen zu halten, ihn zweimal hintereinander zum Präsidenten wählen; wenn aber ein anderer kommt, der gescheit genug ist sinnvolle Pläne zu verfassen und seriös genug, sie auch umzusetzen, sie ihn für einen Messias halten.

Das ganze erinnert an eine Realität gewordene Parodie über die Entwicklungsschritte in der Menschheitsgeschichte: Da „erfindet“ bzw. findet eine/r das Feuer und die StammeskollegInnen halten ihn deshalb für eine Art Gott, den großen Feuermacher, der möglicherweise nur vom Blitz getroffen wurde. Oder dieser Vorfahre verwendete vielleicht "nur" sein allen Menschen gegebenes Gehirn, aber das konnten jene nicht erkennen, die genau das bleiben ließen. Möglicherweise waren die frühen Steinzeitmenschen aber auch gar nicht dermaßen abergläubisch, wie der spätere Zivilisierte. Man sollte Obama nicht als Wunder, sondern als Vorbild eines möglichen neuen PolitikerInnen-Typus betrachten, anstatt die großmäuligen Phrasen-VertreterInnen und politischen Scharlatane unserer Parlamente als die leider zu ertragende Norm hinzunehmen. Das muss nicht sein, wie wir nun wissen: Und auf ein Wunderzeichen brauchen wir nicht zu warten.