Dienstag, 3. Februar 2009

Distanzierte Karten

Klebt man eine waagrechte Reihe Spielkarten an die Wand, sie von deren Mitte aus, der gesehenen Linie entsprechend, ordnend, muss man bei distanzierter Betrachtung feststellen, dass man einen Bogen klebte, der, von der Mitte ausgehend, links und rechts sich nach unten neigt. Das muss wohl an der Krümmung der Augenlinsen liegen.
Die Frage stellt sich nun, warum ich Spielkarten an eine Wand klebe, jedoch auch, ob Mitglieder politischer Parteien eine ähnliche Sicht auf die Reihe parlamentarischer KollegInnen haben. Genauer: Stehen Mitglieder beispielsweise österreichischer Parteiklüngel zu nahe ihrem zentristischen Parteienweltbild, deren zweifelslose Mitte die eigene Freunderlpartie darstellt? Von dieser Mitte aus betrachtet müssen Politiker zur Linken und Rechten sich in ihrer Positionierung – inklusive ihrer Meinungen – abwärts krümmen, selbst wenn der Zentralist glaubt, er betrachte sie gleichwertig.

Nur eine Ansicht der Gesamtreihung aus der Distanz kann demnach Erkenntnis über eigene schiefe Blicke geben. Natürlich gilt dies auch für andere Bereiche des Lebens, aber in keinem ist diese Fragestellung so aufschlussreich, wichtig und zugleich ärgerlich, wie in jenem des Proporzes – ich meine Freunderlwirtschaft – ich meine Korruption – ich meine Parteinpolitik – ich meine die Illusion auf der Hochzeit der Financiers und jener des vertretenen Volkes gleichzeitig Tanzen zu können.