Donnerstag, 13. November 2008

Schöner Schein, du hässliches Gfries

Warum sich W. Faymann (SPÖ) und Joseph Pröll (ÖVP) stellvertretend uneinig über das politische Verhalten zum österreichischen Post-Supergau sind, aber dennoch einig, über die guten Chancen ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit in einer hoffentlich bald stehenden Regierungskoalition? Weil man zwar eine politische Meinung zur Post-Krise, ja, zur Finanzkrise im Allgemeinen, sowie ihren Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft hat, aber sich dennoch nicht zuständig fühlt. Zur Recht. Zuständig sind nämlich die in den unterschiedlichsten Lobbys zusammen hockenden UnternehmerInnen großer Unternehmen – die größte Lobby heißt Weltbank –, die der Politik ihren Wirtschaftsliberalismus diktieren.

Der Politik und dem Staat geht der Wirtschaftliberalismus im Grunde nichts an, Regierungen sollen sich nicht einmischen, wenn man von freien Märkten spricht – immerhin bedeutet Freiheit: Mein Geld kann machen was es will, es ist schon groß. Den Wirtschaftslobbyisten wiederum geht die Politik am Anus vorbei, solange sie ihre immer höheren Profite, auch mit ihr, machen können.

Nun hatte man den österreichischen Politikern und Regierenden – darunter entscheidungstragend auch Faymann – von Seiten der Wirtschafts-Freier nahe gelegt, sie mögen doch staatliche Unternehmen in die freie Wildbahn der Privat-Wirtschaft entlassen, da den Staat die ganze Wirtschafterei sowieso nichts mehr anginge, seit sie liberal gemacht wurde. Die Unternehmen sollten in ihrem natürlichen Umfeld wachsen und mit anderen Unternehmen spielen dürfen. Lassen Sie Ihr Unternehmen ruhig einmal raus, dem passiert schon nichts, wir passen auf – so hieß es.

Da den einst staatlichen Unternehmen aber doch einiges passiert ist, seit sie sich privat fleißig mitverspekulieren, will man nun bei der Post sicher gehen und vor der endgültigen Privatisierung des Unternehmens, das Schlimmste, das passieren könnte, im Vorhinein selbst erledigen. Im Namen der Effizienz und Gewinnmaximierung, was den entscheidungstragenden Politkern egal sein muss, weil ihnen die freiheitliche Wirtschafterei – wie gesagt – schließlich nichts angeht.

Die politischen Folgen, wie die Entlassung von ca. 9000 Mitarbeitern und die Schließung von Filialen, geht den Wirtschaftern – wie wir wissen – am Enddarm vorbei. Um solche Probleme müssen sich die Politiker kümmern, ist ja klar. Da das aber nur ginge, wenn, von Seiten der mittlerweile völlig bezüglich ihrer Kompetenzen verwirrten PolitikerInnen, aktiv in die Frei Marktwirtschaft eingegriffen werden würde, was sie ja nicht sollen, haben sowohl SPÖ als auch ÖVP das Nachsehen. Sie konnten schließlich nicht wissen, dass diese ganze Liberalisierungsidee der Wirtschaftslobbyisten eine dumme war und wenn sie es gewusst hätten, so hätten sie sich nichts dagegen zu sagen getraut, da ihre Nebeneinkommen und Pensionsaufbesserungen schließlich von eben jenen liberalen Wirtschaftern bezahlt werden.

Die Politiker können also gar nichts dafür. Die müssen schließlich, von zwei ArbeitgeberInnen, jenen folgen, die für sie persönlich wichtiger sind. Und das sind nicht die WählerInnen – die dürfen nur alle vier Jahre abstimmen, von wem sie sich verarschen lassen wollen. Die Wirtschaftslobbyisten können jeden Tag im Jahr ihre Macht geltend machen und ihre Stimmen in den unterschiedlichen „Räten“ erheben. Bei diesen wichtigeren ArbeitgeberInnen unserer PolitikerInnen liegt also die Macht und demnach auch die Verantwortung.

Das wissen auch Faymann und Pröll, weshalb sie zwar verstimmt über die Post-Problematik sein mögen, aber ohnehin nichts machen können. Und durch eine Problematik, die sie nichts angeht, müssen sie sich auch nicht zerstreiten. Das Politische Networking ist das einzige Gebiet, auf dem sie noch etwas zu sagen haben und das wollen sie gut machen.

Natürlich könnte man sich die Frage stellen: Sind die PolitikerInnen nicht doch verantwortlich? Immerhin sitzen sie im Parlament, worein sie von uns gewählt wurden. Die Unternehmen wurden hingegen nicht demokratisch gewählt, warum sollten sie also der Demokratie etwas zu befehligen haben. Und wenn man sich die Sache näher ansieht, könnte man sogar den Eindruck gewinnen, dass diese PolitikerInnen sich von den Wirtschafts-Freischärlern einwickeln und manipulieren ließen, was gerade in der heutigen Situation, in der sich unsere gewählten Stellvertreter wie Würmer vor den Medien winden, äußerst erbärmlich wirken würde. Aber erbärmliche und feige PolitikerInnen, kann es in einer Demokratie, wie der unseren, doch gar nicht geben. Wir wählen wortwörtlich jedes Mal das geringere Übel, in unseren Augen. Wir sind keine Großkonzerne, wir können nicht nach Effizienz trachten, die für uns arbeitet – wir müssen das geringere Übel nehmen. Aber Feigheit und Erbärmlichkeit – das stand wirklich nicht auf meinem Wahlzettel und kann deshalb auch nicht sein.

Andererseits hatte ich auch nicht gewählt, um einen Rechtsradikalen als 3. Nationalratspräsidenten zu sehen und die Wahlsieger hatten dies ebenfalls nicht angekündigt. Da verliert man langsam das Vertrauen in den Staat. Nur leider kann ich aufgrund dessen meine Anteile am Staat nicht verkaufen. Soviel zum Liberalismus.