Freitag, 28. November 2008

Irakische Flüchtlinge spielen russisches Fekter-Roulette

Es ist erstaunlich: Sobald Maria Theresia Fekter, gebliebene Innenministerin der ÖVP (das V steht angeblich für „Volk“ – nur ob damit DAS Volk gemeint ist, bleibt ungewiss), von Migranten bzw. „Ausländern“ bzw. finanzschwachen Ausländern auf der Flucht zu sprechen kommt, verfällt sie in einen emotional geladenen, offenbar naturgegebenen, im politischen Rahmen ein wenig derb klingenden Dialekt. „De hama eh“, gab Frau Dr. bekannt, nachdem sich innerhalb der EU vor allem Deutschland und Schweden bereit erklärt hatten, Flüchtlinge aus dem zerbombten, verheerten Irak aufzunehmen, ihnen sogar eine neue Heimat zu geben.

Andere Länder sollten sich an Österreich deshalb ein Beispiel nehmen, da „wir“ bereits „welche amtsbehandeln“. Nicht nur phonetisch fühlte ich mich an eine Überdosis Klosterfrau-Melissengeist erinnert. Die Amtsbehandelten machten 2008 ca. 200 Personen aus dem Irak aus, die in Österreich Asyl erhielten, wobei sich sicherlich mehr als 100.000 Iraker auf der Flucht befinden und die fektersche amtssprachliche Umschreibung für „Asyl“ rührt möglicherweise daher, dass der Asylantenstatus in Österreich kein Vergnügen darstellt, sondern internationale wie nationale Menschenrechtsorganisationen chronisch ergrauen lässt.

Es stimmt zwar, dass viele Menschen illegal nach Österreich fliehen, dies aber wie ein Schwerverbrechen zu ahnden, ist selbst ein Verbrechen. Hilfe, Polizei! Man bittet uns um Obdach und will für uns arbeiten und das auch noch in einer Sprache, die ich nicht verstehe – wie fürchterlich, welch kriminelle Niedertracht! Wäre da nicht das neue Asylgesetz, könnte man das unbemerkte Einreisen in ein fremdes Land mit Schwarzfahren vergleichen – auch wenn die Asylsuchenden im Unterschied dazu auf eigene Kosten und bei weit höheren Ticketpreisen reisen. Stellen sie sich vor, sie werden wegen Schwarzfahrerei ins Gefängnis gesteckt, ihrer Grund- und Menschenrechte beraubt und mit einem Berufsverbot belegt, ehe man sie nach Monaten, vielleicht Jahren endlich aus der Straßenbahn wirft.

Die PolitikerInnen-typische, dezente Selbstbeweihräucherung hat Frau Fekter, vermutlich dereinst im Gymnasium der Kreuzschwestern so gut gelernt. Die verantwortlichen Politiker sind nicht nur Helden der Finanzkrise, weil sie 200 Milliarden unseres Geldes als Konjunkturhilfe vergeben; sie fühlen sich zudem fremdenrechtlich weißgewaschen, weil sie jeder Milliarde gegenüber einen Iraker aufnehmen – um den sich dann vermutlich Nichtregierungsorganisationen kümmern dürfen.

„De hama eh“ und in einigen Jahren beteiligen wir uns vielleicht auch an der EU-weiten Hilfe für irakische Flüchtlinge. Aber nur unter Berücksichtigung der „Integrationsfähigkeit“, beispielsweise „nur die Christen zu nehmen“. Beim Melissengeist und den Kreuzschwestern…Das ist es also, was einem in einer Nonnenschule an christlicher Nächstenliebe beigebracht wird. Wenn man hilft, dann zu spät und auch nur den eigenen Nächsten, aber sicher nicht den nächsten Nächsten. Aber so macht es schließlich auch Deutschland – soviel dazu, wer hier die Vorbildwirkung innehat. Wobei man nicht übersehen darf, dass in den letzten Jahren seltsamerweise viele Flüchtlinge erst wieder in den angeblich sicheren Irak abgeschoben wurden. Offenbar geht es also bei dieser EU-Aktion darum, die muslimischen Iraker in scheinbar kompatiblere christliche Iraker umzutauschen.

Dass gewisse Menschen in der österreichischen Politik Angst vor Muslimen haben uns schüren, ist ja bereits bekannt. Gerade dieser Tage wurde der Gerichtstermin zum Verfahren gegen Susanne Winter (FPÖ) wegen Verhetzung und Herabwürdigung einer Religionsgemeinschaft bekannt gegeben. Schade, dass diskriminierender Populismus auf Kosten von Minderheiten nicht in derselben Weise bestraft wird, wie in den meisten Fällen das Fliehen vor Krieg und Elend. Nicht von dieser Innenpolitik bestraft werden jene Flüchtlinge, die Geld, deutschsprachige Vorkenntnisse, die richtige Religion und Hautfarbe, Kenntnisse über österreichische Amtswege sowie die hiesige Bürokratie und keine Eile haben, was unter Todesgefahr vielleicht betrunkenen Klosterfrauen gelingen mag. Als Flüchtling muss man also sehr viel Glück haben. Ob da die Österreichischen Lotterien mit verdienen, weiß ich nicht.