Donnerstag, 13. November 2008

Diplomatisches Um-Ruanda-Herumreden

Im diplomatischen Streit zwischen der Regierung Ruandas und Deutschlands bzw. Frankreichs, nach der Verhaftung von Rose Kabuye, der ein Mitverschulden am Völkermord in Ruanda 1994 angelastet wird – und zwar durch Beteiligung am Mord des damaligen ruandischen Präsidenten, durch den der Genozid ausgelöst worden sein soll -, in diesem Hin & Her an Anschuldigungen und Maßnahmen, wird eine grundlegende, interessante Konfliktmasse deutlich erkennbar.

Vereinfacht ausgedrückt: Ruanda schaffte es nicht eine echte Demokratie zu werden, die auf einer liberalen Zivilbevölkerung gründet; Frankreich hat es bisher nicht fertig gebracht, ihre postkoloniale Politik in Afrika aufzuarbeiten bzw. zu überwinden. Zu dieser Politik gehört der irre Umstand, dass während des Völkermordens in Ruanda, auf der einen Seite europäische Blauhelme zum Schutze der „weißen“ Bevölkerung standen, auf der anderen Seite, die Mordenden Hutu-Extremisten mit Waffen aus Frankreich (ebenso aus China) beliefert wurden.

Niemand kann vermutlich sagen, wie weit die damalige französische Regierung in den Völkermord involviert war; doch zeigt dieses Beispiel, dass westliche Staaten wie Frankreich Machtungetüme sind, bei denen die eine Pranke nicht weiß, was die andere tut.

Die aktuellen Spannungen zwischen Ruanda und – im Grunde – der EU, sind ein Symptom für Missverständnis, Misstrauen und berechtigten Ärger über ungesühnten Gräuel der Vergangenheit. Waren Rose Kabuye und ihr Präsident Paul Kagame damals an jenem verhängnisvollen Anschlag beteiligt? Es wird angezweifelt, es ist auch nicht so wichtig. Wichtiger wäre es, über die eigentlichen Probleme, die herrschende Ungerechtigkeit zwischen Norden und Süden, zwischen Europa und Afrika zu sprechen. Diese gehen weit über Ruanda hinaus, sie stellen eine gewaltige Fülle dar, die der diplomatische Streit um die Festnahme Kabuyes spärlich verhüllend akzentuiert.
Vielleicht wird diese Krise, dieser Konflikt genützt, um endlich jene Dinge an- und auszusprechen, die hinter der Mauer des politischen Gezeters verborgen liegen.