Montag, 14. Juli 2008

Neu entdeckter Patriotismus

Als Österreicher bin ich Christ, katholisch und evangelisch, ein wenig orthodox; bin ich Moslem - sunnitisch bis sufistisch - und Jude, irgendwie eben abrahamitisch, zoroastrisch; bin taoistisch, Buddhist und Hindu, Neuheide und Schamanist und natürlich Atheist; bin türkisch und kurdisch, kroatisch und serbisch, deutsch und slowenisch, afrikanisch und asiatisch. Ich bin homosexuell und bisexuell, transgender und sicherlich ein wenig hetero; ganz einfach queer. Ich bin beige und schwarz und gelb und weiß, braun und milchschokoladenfarben, mit roten Streuseln oben drauf. Ich bin gschmackig. Meine Ahnen sind Germanen, Kelten und Römer, Goten und Schotten, Hunnen und Wandalen, Frankorussen und marokkanische Niederländer, Langobarden und Slaven und Wanderer so vieler Namen mehr, aus Eurasia, aus Afrika, Asien und Amerika. Ich bin eine rechte Sau und eine linke Zecke, ein Wiener-Bazi und ein Salzburger Nockerl. In Tirol sinniere ich an einem Berg gelehnt und die Weiten des Wienerwaldes lassen mich von musizierenden Busztaroma träumen; wiewohl ich zur Silvesternacht den Donauwalzer tanz, Weihnachten ich die stille Nacht besing und Mozart mir nach Zuhause schmeckt, wo Nusrat Fateh Ali Khan mir den Derwisch-Tanz übersetzt. Ich aß Wienerschnitzel für ein Leben genug und genieße nun Tofu im Wok, mit Bärlauch und Kürbiskernöl, aber ohne dies, während des nächtlichen Ramadans Baklava, rauche dazu Schicha und trinke süßen Chai, grünen Tee, schwarzen Kaffee; und zum Neujahr im Februar „Heißer Topf“ mit der Familia. Ich trinke Bier bis in die Morgenstunden, in einem alten Beisl, philosophierend über die Gerechtigkeit und das Leben; ich trinke niemals Alkohol und spaziere mit dem Hund und den Kindern im Regen, zur Würstelbude oder ins Museum, zur Kirche, in die Moschee, in den Tempel, in die Synagoge, ins Wirtshaus, hinauf zur Sternenwarte, zur Ausstellung blutiger Geschichte, zur Show leuchtender Zukunft. Ich bin ein so genannter Alternativer und ein anders genannter Spießer, ein Konservativer und verdammt innovativ modern. Ich bin lebendig und tot, verzweifelt und überglücklich, an einem Tag an der Donau, in einer Nacht am Fuschelsee, einer Zeit im Schatten des Untersberges. Ich bin mandeläugig und großnasig, langohrig und dicklippig; ich bin das Kind von zweien, der Spross von vielen, das Geschwisterchen von einigen, ein Mensch von Milliarden. All dies ist teil von mir, all dies bin ich – Und all dies bin ich, wie schwer zu verkennen ist, auf Echt-Österreichisch.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Schreib dich aus