Samstag, 17. Mai 2008

Weniger Geld (für Dinge die damit nichts zutun haben sollten)

Schlägt man eine beliebige Zeitung auf, schaltet man Radio oder Fernsehen ein, um dort Berichten oder Kommentaren zu sozialpolitische Themen zu begegnen, so entdeckt man immer wieder, wie einfach die Welt doch funktioniert: Alles dreht sich ums Geld. Egal wie Komplex die Problematik, wie vielfältig die Inhalte sind und auf welche Lösungsansätze die jeweiligen Autoren aufmerksam machen wollen, die letzten Zeilen sind stets einer Ermahnung (selten einer konkreten Forderung) zur Bereitschaft von finanziellen Investitionen in den jeweiligen Problembereichen gewidmet. Die Menschen müssten sich „vor allem“ verständlich machen, dass hier und da, dies und das vor allem Geld koste und man bereit sein solle, dies her zu geben. Eine einfache Lösung für eine einfache Gesellschaft. Leider ist sie – in der verwirrenden Welt der Sozialpolitik – nicht ganz richtig.

Die vollkommene Bewertung der kompletten Gesellschaft, der gesamten Welt, letztlich des Umfanges des wahrnehmbaren Universums mittels Geld, ist ein Fehler, der unter anderem Ursache jener Probleme ist, die wir mit „unserer“ Jugend zu haben glauben. Diese hält uns aber vorrangig einen Spiegel vor, denn ihre Gewaltbereitschaft und Perspektivlosigkeit hängt mit Vorbildern zusammen, die nichts anderes (mehr) können, als in einer pseudo-liberalen, globalen Vermarktungsgesellschaft gegen die Konkurrenz Geld zu „machen“. Alles wird mit Geld bewertet und bemessen, alles steht in Wettbewerb zueinander, das gegenseitige Bescheißen um den Siegerlohn des finanziellen Erfolges stellt das höchste Gut unseres Daseins dar. Entsprechend ist der Drang nach Prestigeobjekten, entsprechend der Frust bei den Einen, die Weltanschauung bei den anderen Einen – und die Kids spielen GTA 4, weil man dort auf einfachen, virtuellen Wegen all diese Werte unserer Gesellschaft sich erfüllen kann.

In dieser Hinsicht – aktuell also das Thema der problematischen Jugend – braucht es kein Bisschen mehr Geld um die bestehenden Konflikte zu lösen. Im Gegenteil: Weniger Geld verdienen, um sich weniger Müll zu kaufen, den einem die Werbung einredet, dafür mehr Zeit mit den Kindern verbringen - das wäre ein Weg. Bedenkt dass ihr sterben werdet und das eure Kinder irgendwann erwachsen sein werden, ebenso enttäuscht und desillusioniert wie ihre Eltern, in einem vom Geldwert leergefegten Kosmos. Ihr habt nicht ewig Zeit euch um all jene zu kümmern, die euch nachfolgen werden, um für die Ungeborenen eine Welt vorzubereiten, in der es sich lohnt erwachsen zu werden. Die Kids verstehen früh genug , was für eine Welt die Erwachsenen erschaffen, sie eifern ihnen nach und ergeben sich ebenso dem künstlichen Rausch, da nichts anderes mehr Sinn zu machen scheint, als dieser – mit Ausnahme des Gelderwerbs. Weniger Geld, nicht mehr, für den Alkoholkonsum ausgeben, dafür mehr Zeit für ganzheitliche Gesundheit investieren, etwas, das sich nachzuahmen lohnt.

In unserem marktorientierten Kosmos ist nur der/die ein/e gute/r Bürger/in, der/die der Wirtschaft fleißig Geld hinzu-konsomiert. Gebt ihr aber weniger Geld für unnötige Güter aus, verbringt ihr weniger Zeit in Shoppingcentern, auf Einkaufsstraßen, zwischen Fastfood und Fast-Consuming: Dann werden die Jugendgangs vielleicht seltener danach trachten, Autos zu plündern, um sich all die Mobilfunk-Klingeltonschulden leisten zu können.

Erst wenn der letzte Jugendliche im Vollrausch, auf seinem Moped, gegen die Front einer modernen, raumeffizienten Wohnanlage, mit Supermarkt und ½ m² Terrassen für die Verwahrung von Topfpflanzen rast und sein mit 3 Promille angeheitertes Gehirn über die Glasfront eines, mit nichts sagenden Plakaten über die Wunder kosmetischer Schönheit ausstaffierten, Beauty-Saloons rinnt, dann werdet ihr vielleicht verstehen, das Geld nicht die Liebe ersetzen kann.

Bevor man also überbezahlte Experten jeglicher Art daran setzt, der Politik teure Programme zur Symptombekämpfung solcherlei Gesellschaftsprobleme zu verschreiben, sollten Eltern – und zwar nicht einzeln, sondern gemeinschaftlich - daran gehen, einfach das zu tun, was sie am besten können: Ihren Kindern Liebe geben. Dies kann kein Regierungsprogramm mit noch so vielen Geldmitteln herstellen. Raus aus den Wirtshäusern, weg vom Spieltisch, fort von den Kreditanstalten. Nehmt euch Zeit für eure Kinder und offenbart ihnen über dies eine Welt, in der nicht das größte KFZ, die höchsten Stöckelschuhe, die dickste Brieftasche als Wert zählen; in der nicht Alles was gesagt, getan und gegeben wird, bis hin zum Menschen selbst - vor allem den Frauen, also auch den Müttern –, als Ware betrachtet wird.

Was nützt euch eure neue Stereoanlage mit den aktuellen pop-illusionären Hits, wenn ihr Tod seid und eure Kinder in schmalen Gassen zwischen Einkaufszentren sitzen, ihr letztes Kleingeld für den Spielautomaten oder den nächsten Kanister Wein zusammenkratzend; an Orten aus Beton, Glas und Stahl, an denen es keinen Platz zum Träumen gibt. Man macht sich über die Ideen der 68er lustig, doch der Zynismus und die Ignoranz gegenüber „Love & Peace“ pinkeln euch gerade – in Gestalt eurer eigenen Nachkommen – in die Telefonzellen, schlagen eure Autoscheiben ein und verprügeln euch, wenn ihr alt und schwach seid – ganz so, wie es ihnen die von euch geschaffene Umwelt beigebracht hat.

Leert eure Wohnungen von all den unbrauchbaren Lifestyle-Accessoires und füllt sie mit Kinderlachen; versteckt euch nicht vor der Wildheit der Heranwachsenden, sondern reicht ihnen einen starken Arm, wenn sie diesen brauchen, der weder Zigaretten noch Bier, sondern eine offene Hand bereit hält – jederzeit da seiend für eine liebevolle Umarmung.

Milliardenkosten fürs Gesundheitssystem, Millionen für Altersteilzeit, „Unsummen“ für die Bildung: Ja, alles kostet Geld, doch Geld ist eben dazu da, um Waren zu besorgen, die etwas kosten, um es auszugeben. Darüber hinaus sollte es Nichts in eine Entsprechung zwingen, das zu wichtig für den Begriff „Ware“ ist. Wir brauchen nicht mehr Geld für Pipapo, wir brauchen mehr Lebenssinn und mehr Verstand, um erkennen zu können, dass das Geld dem Handel zwischen Menschen dient, nicht das Handeln der Menschen dem Geld. Vielleicht erkennen wir - als Gemeinschaft - dann auch, dass nicht alles Geld kosten muss, nicht alles in Geld gewertet werden soll und nicht alles mit Geld gehandelt werden darf. Auf das es auch unsere Jugend erkennen mag.

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