Sonntag, 6. April 2008

1968 - What else?

Große 1968-Reminiszenz in den Medien. Besonders ausgeprägt manifestiert sich diese in der Wochendausgabe der von mir gelesenen Tageszeitung – kein Wunder, sie gilt als links gewichtetes Blatt. Warum sich ausgerechnet dieses Jahr als monumentale Markierung für eine Entwicklung etablieren konnte, die sich bereits in den 50ern begann und an manchen Orten niemals ankam oder endete (oder immer wieder aufgetaut wird), mag an den vielen einzelnen, historischen Begebenheiten liegen, die 1968 birgt, obwohl die meisten von ihnen unschöne Zeugnisse menschlicher Zerstörungswut und Dummheit ablegen (die Ermordung Martin Luther Kings, Die Ermordung Robert F. Kennedys, Beginn des Guerillakampfes der Roten Khmer, das Massaker von Tlatelolco vor den Olympischen Spielen in Mexico City, der Wahlsieg Nixons, etc…). Jedenfalls ist es ein Jahr mit Symbolkraft, insofern es den Aufbruch der Nachkriegsgeneration irgendwohin, mit allerlei unterschiedlichen Mitteln – Hauptsache es bewegte sich irgendetwas – wieder spiegelt und man kann nicht sagen, dass dieser meist blinde Aufbruch nicht ein ordentliches Rumpeln im Weltgeschehen verursacht hatte. Heute hört man zwar so manchen Zeitzeugen oder Aufbrecher sagen, man hätte eigentlich gar nicht so viel bewegt und getan, wie sich dies nachfolgende Generationen vorstellen, wenn ich jedoch an die politische Trägheit dieser Tage denke, so bleibe ich bei meiner Ansicht: Eine chaotische Reise nach Utopia bringt real mehr ein, als biederes Festhalten am altvertrauten Übel.Aus der Sicht eines heute 27jährigen hat die Zeit um 1968 durchaus eine faszinierende Aura, vielleicht gerade weil ich sie persönlich, und insbesondere als Österreicher, nicht erlebt habe.

Natürlich ändert sich auch diese Sicht, bei zunehmenden Wissen und gleich bleibendem Interesse am Mythos – Manches wird bekräftigt, anderes hinterlässt Desillusion und wieder andere Dinge, waren einem im Kontext sonderlich wichtig. Würde, wie in den 90ern, die Hippie-Mode erneut ihre Renaissance feiern, so würde mir dies nicht mehr – wie einst – dass Gefühl geben, dass es sich um die Wiederentdeckung antiken Kulturguts handele, das, gleichsam dem Klassizismus 18/19 Jahrhunderts, einer Sinnsuche im Fundus einer verklärten Epoche auf die Gesellschaft wirkt. So übertrieben war es freilich auch nicht, aber es lag ein Hauch von Sommer of Love-Revival in der Luft und was immer das bedeuten mochte, es fühlte sich nach einer good Vibration an.

Hat man erst einmal das erste Viertel eines Jahrhunderts gelebt, so verändert sich vor allem die Wahrnehmung der Zeit. Plötzlich wird einem klar, dass zwischen der eigenen Geburt und dem Jahr, das nun, zu seinem 40jährigen Jubiläum, in Aller Medien ist, eigentlich nur 13 Jahre liegen und dass dies – vor allem im historischen Zusammenhang – keine besonders lange Zeit ist. Was auch immer das Gute an den unterschiedlichen Aufbrüchen der 68er ist, meine Generation, die Kinder der frühen 80er sind unmittelbare Nutznießer – So manches konnte über die 70er reifen und war zugleich nicht der destruktiven Wirkung der Welthysterie, am Ende der 90er, ausgesetzt, wie z.B. pädagogische Zugeständnisse an die Intelligenz der Kinder, Zurücknahme der Autoritätssucht im Allgemeinen oder der Feminismus.

An dieser Stelle gilt mein Dank all jenen, welche die große Aufbruchswelle dereinst nutzten, um auf ihr versuchsweise besseren Zeiten entgegen zu segeln. Vor allem Manifestierten sie die kollektive Erkenntnis, dass eine Zivilgesellschaft ganz gut ohne verinnerlichten Militarismus, Furcht vor politischer Obrigkeit und ohne die innere und äußere Uniformierung der BürgerInnen leben kann. War die Entwicklung der Zeitspanne mit dem Titel 1968 ein Bekenntnis und eine Wiedererstarkung, so wie eine konsequentere Durchsetztung der Idee des Bürgertums ansich, welche die Nachwehen der beiden Weltkriege beenden musste? War sie eine Erneuerung und Erweiterung des bürgerlichen Bewusstseins?
Die Errungenschaften des (friedliche-)Revolution-macht-Spaß-Gedankens sind jedenfalls auch im Kleinen nicht zu verachten. Ich hatte in meiner Jugend sehr viel Freude an der Plattensammlung meines Vaters.

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