Samstag, 15. September 2007

Die Ratten kommen um zu fressen

Erwin Pröll spricht von möglicher Architektur, die in Österreich nicht "artgerecht" sei - eine protestierende Menge, in den Straßen eines Wiener Bezirks, will ein Moscheenmodell brennen sehen - Hannes Missethon bemerkt, dass Minarette kein Teil der österreichischen Kultur seien, obwohl es 2 davon in Österreich gibt – BZÖ und FPÖ kämpfen dort gegen Minarette, wo es sie nicht gibt – Eva Herman entschuldigt sich für ihre Verehrung des Familienmodells der Nazis – der Kardinal von Köln, Joachim Meisner, hält Kunst, die von seinem Kultus entkoppelt ist, für entartet - in Sachsen verprügeln Neonazis Kunst- und Kulturschaffende, sowie Menschen indischer Herkunft, was der hiesigen Polizei zunächst als Kavaliersdelikt erscheint - in Österreich lassen Polizisten Asylhäftlinge sterben, was der hiesigen Justiz als Kavaliersdelikt erscheint - in Belgien kopiert der Vlaams Belang Jörg Haiders erfolgreiche Ablehnung der Lesbarkeit rechtlich legitimer Zweitsprachen.

Die - im weiteren Sinne - Rechten (engeren Sinns) verlangen von eingewanderten Muslimen, deren Arbeitskraft unserer Wohlstandsgesellschaft sehr recht war, dass diese sich an Rechte halten, die man ihnen nicht gewähren will. Rechte, die von den Betroffenen nicht verletzt werden müssen, damit Rechte behaupten können, dass es doch so sei. Es genügt sie als Ausländer, und aktuell vor allem als Moslems, zu deklarieren, schon ist die Schuldvermutung massentauglich automatisiert.

Allmählich haben wir uns daran gewöhnt, haben wir Schritt für Schritt hingenommen, dass die alten Konflikte dieser Menschenwelt, erneut die Ausreden anfachen, die Lügen nähren, die den gefährlichen Kranken erlauben unser Verständnis von, und unseren Sinn für, Gerechtigkeit aufzuweichen. Die Toleranz für Intoleranz, jene pervertierte, weil möglich gewordene, Paradoxie, hat sich, langsam und beinahe heimlich, zu neuer Größe erhoben. Diese Größe besteht in medialer Präsenz und zeitgleicher Akzeptanz, welche in einer gesunden Gesellschaft nicht möglich wäre. Die menschlichen Ratten kommen nun wieder aus ihren Löchern gekrochen - diesmal sind's die Echten, in Echt. Faulende Dummheit lockt sie an, der Verwesungsgestank ausgehöhlter Köpfe. An dem Einen laben sie sich, im Anderen nisten sie sich ein.

Unter anderem wurden Juden einst verleumderisch als Ratten bezeichnet - sie wanderten ins KZ. Die wahren Ratten, damals wie heute, bleiben unerkannt in ihrer Fettleibigkeit, unangetastet in ihrer Schuld - sie wanderten, und wandern immer noch, auf die politische Bühne. Rückt der Tag uns nahe, an dem man alle Moslems als Ratten brandmarkt, Menschen geringeren Rechts vorschiebt, um Menschen mangelnden Gerechtigkeitssinns zu tarnen?

In Afghanistan schickt eine Frau ihre Tochter zum Boxtraining und erklärt, dass Frauen und Männer gleichwertig seien[1]. In Halberstadt erobert die Aktion „Auf die Plätze“, den öffentlichen Raum von den Neonazis zurück und die Verprügelten tanzen wieder. Gute Taten, entspringen guten Gedanken. Gute Gedanken müssen jene Gehirne klären, deren Fäule den Mensch-Ratten die Grundnahrung bietet. Gute Taten müssen zurückdrängen, was wieder in die Löcher der Geschichte verschwinden soll. Sie mit Gewalt zu bekämpfen wäre sinnlos, da eine solche Weise ihrer Art entspricht und es somit unmöglich ist, ihnen nachzustellen ohne sie zu erschaffen.
Sie werden sich von selbst auflösen, wenn ihnen die Nahrung fehlt. Der Widerstand muss nicht aus politisch linker Ecke kommen, er muss nicht radikal oder fanatisch sein. Er muss in der Gesundheit unserer Köpfe gründen, die gute Tat muss die Pflege unseres Verstandes sein. Eine Gesellschaft ohne Verstand weiß mit Gerechtigkeit nichts anzufangen. Gerechtigkeit die im Gesetz verankert wurde, steht auf Papier geschrieben, das man nicht nur lesen können muss, damit es zur gerechten Handlung führt. Die menschlichen Ratten sind jene Geister, die immer wieder erscheinen werden, wenn wir darauf nicht achten.




[1] ARD, 16:00 Uhr, Weltreisen – Gesichter Asiens, am 15.09.07

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